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Dieselskandal: Verbraucherschützer erzielen Teilerfolg

Im Zuge des Dieselskandals wollen Verbraucherschützer Schadenersatz von Mercedes erstreiten. Nun haben sie einen Teilerfolg erzielt. Die gut 2800 betroffenen Kunden brauchen aber weiter Geduld. Teilerfolg für Mercedes-Kunden: Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat festgestellt, dass in bestimmten Diesel-Fahrzeugen des Autoherstellers unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut waren. Das geht aus einem Musterfeststellungsurteil hervor, das der Vorsitzende Richter Thilo Rebmann am Donnerstag in Stuttgart verkündete. Damit hat sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in Teilen mit einer Klage durchgesetzt, die er im Zuge des Dieselskandals gegen Mercedes-Benz eingereicht hatte. Der Verbraucherschützer forderten Mercedes auf, Verantwortung für die Abschalteinrichtungen zu übernehmen. "Das Gericht hat die Auffassung des vzbv bestätigt", teilte der für Sammelklagen zuständige Teamleiter, Ronny Jahn, mit. Nun seien wichtige Weichen für Schadenersatzansprüche gestellt. Mercedes kündigt Revision an Der Stuttgarter Autobauer kündigte nach dem Urteil an, beim Bundesgerichtshof Revision einlegen zu wollen. "Wir vertreten eine andere Rechtsauffassung als das Gericht", sagte ein Sprecher. Die Auslegung der komplexen Vorschriften sei zum damaligen Zeitpunkt zumindest vertretbar gewesen und nicht in der Absicht erfolgt, unrechtmäßig zu handeln. Die Ansprüche halte man weiter für unbegründet. Mercedes muss sich seit Jahren mit Abgas-Vorwürfen auseinandersetzen. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte 2018 und 2019 gegen mehrere Hunderttausend Fahrzeuge des Herstellers Rückruf-Bescheide erlassen. Nach KBA-Auffassung waren in diesen Wagen unzulässige Abschalteinrichtung verbaut, die die Reinigung von Abgasen einschränkten. Mercedes bestreitet die Vorwürfe und geht gegen die Bescheide juristisch vor. In der Musterklage haben sich die Verbraucherschützer auf verschiedene Geländewagen-Modelle mit einem bestimmten Motortyp und den Abgasnormen Euro 5 und 6 konzentriert. Sie wurden zwischen 2012 und 2016 gebaut und waren von den KBA-Bescheiden betroffen. Als unzulässige Abschalteinrichtung stufte die Kammer einerseits eine Funktion ein, die die Adblue-Einspritzung der Euro-6-Fahrzeuge beeinflusst. Diese habe dafür gesorgt, dass das Emissionskontrollsystem bei längeren Fahrten nicht mehr in gleicher Weise wirksam gewesen sei. Zum anderen sah das Gericht die sogenannte Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR) der Euro-5-Wagen als unzulässig an. Bei dieser Technik führt die verzögerte Erwärmung des Motoröls zu einem geringeren Ausstoß von Schadstoffen. Der Vorwurf hier lautete, dass die Technik fast ausschließlich auf dem Prüfstand funktioniert. OLG: Keine Anhaltspunkte für Anordnung aus dem Vorstand Das Gericht wies allerdings den Vorwurf der Verbraucherschützer ab, dass Mitglieder des Vorstandes der damaligen Daimler AG den Einsatz der Abschalteinrichtungen angeordnet oder gebilligt hätten. Es habe sich um einen "Vortrag ins Blaue" gehandelt. Tatsächliche Anhaltspunkte für die Vorwürfe lieferte der Verband nach Ansicht der Richter nicht. Bei den Euro-6-Fahrzeugen stellte der Senat aber fest, dass Mitarbeiter von Mercedes "zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass es sich (...) um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt". Bei den Fahrzeugen mit der Abgasnorm Euro 5 sah die Kammer kein vorsätzliches Handeln. Je nach Modell könnte den Verbrauchern nun entweder eine komplette Rückabwicklung des Kaufvertrags oder eine Art "kleiner Schadenersatz" zustehen. In letzterem Fall könnten sie für ihr Auto einen pauschalen Ausgleich in Höhe des Wertverlustes bekommen, der ihnen durch die verbauten Abschalteinrichtungen entstanden ist. Wie viele Autobesitzerinnen und Autobesitzer von dem Urteil genau profitieren könnten, war zunächst offen. Der Musterklage hatten sich nach vzbv-Angaben mehr als 2800 Menschen angeschlossen. Sie werden jedoch Geduld brauchen: Erst wenn das Urteil in Karlsruhe Bestand hat und rechtskräftig wird, können sie Ansprüche geltend machen. Das müssen sie dann selbst tun. Die Verbraucherschützer hatten die Musterfeststellungsklage vor fast zweieinhalb Jahren eingereicht. Das Verfahren hatte im Juli 2022 begonnen, war aber mehrfach verschoben worden. Der Europäische Gerichtshof hatte im Frühjahr 2023 an der bisherigen BGH-Rechtsprechung im Dieselskandals gerüttelt und die Hürden für Schadenersatz-Ansprüche gesenkt. Der BGH ging danach einen Schritt auf Verbraucher in Deutschland zu. Seitdem können sie sich begründet Hoffnungen auf Entschädigungen machen, wenn illegale Abschalteinrichtungen verbaut sind. Investoren-Prozess geht im Sommer weiter Mercedes-Benz muss seit Bekanntwerden der KBA-Bescheide immer wieder vor Gericht. 2019 war der Konzern wegen der Diesel-Verwicklungen zu einer Strafe von 870 Millionen Euro verdonnert worden. Außerdem gab es millionenschwere Vergleiche im Ausland und mehrere Strafbefehle gegen Mercedes-Mitarbeiter. In Stuttgart sind gegen den Autobauer nach Gerichtsangaben aktuell noch rund einzelne 13.000 Dieselverfahren von Verbrauchern anhängig. Außerdem läuft noch ein zweites Musterverfahren, das von Investoren angestrebt wurde. Sie werfen Mercedes vor, sie nicht rechtzeitig über den Skandal informiert zu haben - und verlangen Hunderte Millionen Euro Schadenersatz. Das Verfahren soll im Sommer fortgesetzt werden.