Privatsphäre: Darf man seinen Nachbarn beobachten?
Menschen sind von Grund auf neugierig. Aber wie viel Neugierde ist noch gut? Was verletzt die Privatsphäre? Und was grenzt schon an Stalking? Oft kann ein kurzer Blick aus dem Fenster länger als gedacht dauern. Beispielsweise, wenn der Nachbar seinen Sperrmüll auf den Gehweg stellt, mit der Polizei oder einem anderen Nachbarn spricht oder unerlaubterweise sein Auto reinigt. Aber auch, wenn sich unbekannte Personen in Sichtweite aufhalten, kann man schon mal länger aus dem Fenster schauen, als eigentlich geplant. Zum einen möchte man wissen, was in der Umgebung passiert, zum anderen ist doch jeder ein wenig neugierig. Aber ist es in Ordnung, seine Mitmenschen zu beobachten? Oder verletzt das deren Privatsphäre? Darf ich meine Nachbarn beobachten? Laut Rechtsexperten ist es generell in Ordnung, überall hinzuschauen, wenn der Bereich entsprechend einfach einsehbar ist. Entdecken Sie beim zufälligen Blick aus dem Fenster den Nachbarn und beobachten ihn kurz beim Grillen oder Gärtnern, ist das noch kein Stalking. Wichtig ist, dass Sie dabei stets die Intimsphäre und das Persönlichkeitsrecht des Gegenübers achten. Wann das Beobachten verboten ist Aber: Das Beobachten ist nicht in Ordnung, wenn Sie dafür technische Hilfsmittel wie ein Fernglas benutzen, Hürden wie Zäune, Mauern, Sichtschutze oder Hecken überwinden, auf einen Baum oder eine Leiter klettern, oder es einen Unfall oder Notfall gegeben hat und die Opfer geschützt werden sollen. Zwar ist der Griff zum Fernglas laut Rechtsexperten nicht unbedingt verboten – schließlich könnten damit auch Vögel beobachtet werden –, dennoch sollte das nicht zum Usus werden. Darüber hinaus ist es verboten, die Umgebung – inklusive Personen – zu fotografieren oder/und zu filmen. Dadurch wird nicht nur das Persönlichkeitsrecht des anderen verletzt. Es liegt auch ein Verstoß gegen den Datenschutz vor. Das wäre sogar dann der Fall, wenn die Foto- oder Filmaufnahmen auf dem eigenen Grundstück gemacht werden. Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren droht Beeinträchtigen Sie die Lebensführung und -gestaltung der betroffenen Personen schwerwiegend, kann das als Nachstellung gewertet werden. Unter Nachstellen versteht die Rechtssprechung das "bewusste, gewollte, regelmäßige, beharrliche Beobachten, aber auch Verfolgen oder gar Belästigen ein und derselben Person". Allgemein ist das Verhalten eher als Stalking bekannt (siehe auch BGH, Beschluss vom 19.11.2009 – 3 StR 244/09 - StraFo 2010, 166). Gemäß § 238 Strafgesetzbuch (StGB) ist das Nachstellen dann eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden kann. Das Nachstellen wird somit sogar noch schärfer bestraft als das Beleidigen (mehr dazu in diesem Artikel ). Das können Betroffene tun Betroffene können unter anderem Sichtschutze aufstellen, den Nachbarn direkt darauf ansprechen, in einem Mietshaus den Vermieter oder die Hausverwaltung informieren oder/und den Täter verklagen, also zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. Letzteres ist jedoch sehr kompliziert. Zum einen ist es nur möglich, jemanden zu verklagen, wenn der Betroffene durch die Beobachtung oder das Nachstellen körperliche oder seelische Schäden erleidet. Oder wenn die beobachtende bzw. stalkende Person Persönlichkeitsrechte verletzt. Zum anderen müssen Sie für die Klage Beweise sammeln – etwa, indem Sie Protokolle führen und Zeugen finden. Und das alles, ohne selbst die Persönlichkeitsrechte des anderen zu verletzen.