Vergewaltigungsopfer aus Köln starten Aufruf und Suchaktion
Julia und Lisa wurden vom selben Täter vergewaltigt. Nun wollen sie anderen Opfern Mut machen – und starten eine Suchaktion.Eine Situation, wie sie tausendfach pro Tag vorkommt: Ein Mann und eine Frau begegnen sich auf einem Datingportal, sie tauschen Nachrichten aus. Schnell vereinbaren sie ein Date.Julia aus Köln, die eigentlich anders heißt, freut sich auf das Picknick. Dann kommen jedoch komische Nachrichten, immer mehr. Der Mann fragt nach sexuellen Vorlieben. Als sie die Fragen nicht beantworten will, wird er wütend. "Er schrieb, wenn ich so zugeknöpft wäre, könnten wir es ja auch direkt lassen mit dem Date", erzählt die 31-Jährige im Gespräch mit t-online. "Eigentlich hätten da schon alle Alarmglocken angehen müssen." Sie fährt trotzdem zum Treffpunkt, informiert sicherheitshalber ihre Tante über ihren Aufenthaltsort.Beim Date wird die Situation immer unangenehmer, der Mann reagiert wütend, wenn Julia Annäherungen zurückweist. Schließlich vergewaltigt er sie auf der Rückbank seines Autos, droht ihr anschließend. "Er sagte, ich hätte bei der Polizei eh keine Chance, er würde behaupten, dass der Sex einvernehmlich war", so Julia.Über vier Jahre Haft für den TäterJulia geht trotzdem zur Polizei und zeigt den Mann an. Später erfährt sie, dass es mit der 33-jährigen Lisa eine zweite Betroffene in Köln gibt. Auch Lisa möchte ihren echten Namen nicht in den Medien stehen haben. Bei der Gerichtsverhandlung im Mai dieses Jahres lernen sich die beiden Frauen kennen. Der Täter wird zu vier Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Lisa und Julia helfen sich gegenseitig durch die schwere Zeit, Julia macht eine Therapie. "Es war so gut für mich zu wissen, dass ich nicht alleine bin, dass es eine zweite Frau gibt", sagt sie. Im Prozess hatte der Mann ausgesagt, er hätte sich drei- bis viermal pro Woche mit Frauen verabredet. Deswegen sind Julia und Lisa sicher: "Wir sind nicht alleine, es muss noch mehr Opfer geben."Selbstverteidigungsschule unterstützt die AktionMit einem anonymen Profil haben die beiden Frauen deshalb einen Aufruf auf Facebook gestartet. Sie suchen nach weiteren Opfern des Täters, wollen ihnen Mut machen, den gleichen Weg wie sie zu wählen und ihn anzuzeigen. Unterstützung bekommen sie dabei von Tana Schulte, Inhaberin der Selbstverteidigungsschule "You can fight" in der Kölner Südstadt. "Ich finde es super, wenn Frauen aktiv werden. Weil ich weiß, dass auf anonyme Facebook-Posts selten geantwortet wird, habe ich unsere Homepage zur Verfügung gestellt", so Schulte. Über die Homepage können sich Opfer bei Schulte melden, sie vermittelt dann an Julia und Lisa weiter. Schulte betont: "Es sollten sich unbedingt auch Frauen melden, die vielleicht keine strafrechtlich relevante Situation mit dem Täter erlebt haben. Moralisch verwerfliche Manipulation und toxisches Verhalten können ebenso schädigend sein."Vertrauen nachhaltig geschädigtWie lange sexuelle Übergriffe in den Opfern nachwirken, wird klar, wenn man sich mit Julia und Lisa über ihr momentanes Liebesleben knapp zwei Jahre nach der Tat unterhält. Julia hat seit der Tat keine Dates mehr gehabt. "Ich habe den Weg nie zurückgefunden", sagt sie. Sie hofft allerdings, dass sie irgendwann die Partnersuche wieder aufnehmen kann. Lisa trifft sich weiterhin mit Männern, hat aber große Schwierigkeiten zu vertrauen und sich fallen zu lassen. "Sobald ich das Gefühl habe, dass mein Wille übergangen wird, selbst bei Kleinigkeiten, reagiere ich sehr allergisch", erzählt sie.Den Aufruf der Frauen finden Sie unter diesem Link.