Sonneberg: AfD-Ballons von Rechtsextremen vor Kita verteilt?
Am Sonntag wurde im thüringischen Landkreis Sonneberg ein AfD-Politiker zum Landrat gewählt. Am Tag darauf soll ein offen Rechtsextremer dort AfD-Luftballons an Kindergartenkinder verteilt haben.Ein Video sorgt derzeit für Aufsehen in Deutschland: Darauf zu sehen ist ein Mann in einem "Wehrmacht"-T-Shirt, der offenbar AfD-Luftballons an Kinder im thüringischen Sonneberg verteilt. Der Mann nimmt die hellblauen Luftballons aus dem Kofferraum eines Autos und gibt sie den Kindern, die hinter dem Zaun eines Kindergartens stehen.Mittlerweile leitete die Polizei ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, wie der MDR berichtet. Außerdem werde der Staatsschutz der Kriminalpolizei Saalfeld an den Ermittlungen beteiligt.Mindestens einer der Luftballons im Kofferraum des Mannes trägt den "AfD"-Schriftzug – ob dieser auch an die Kinder verteilt wird oder im Auto bleibt, ist nicht eindeutig zu erkennen. Die Kinder wurden großflächig verpixelt. An der Gesinnung des Mannes im Video scheint es keine Zweifel zu geben: Auf seinem T-Shirt steht in altdeutscher Schrift "Wehrmacht wieder mit", auf seinem Kofferraum prangt der Schriftzug "Ehrenamtlicher Abschiebehelfer". Dazu trägt der Mann eine Hose in den Reichsfarben Schwarz-Weiß-Rot.Mann soll Vater eines Kita-Kindes seinEine erwachsene Frau, offenbar eine Erzieherin, steht hinter dem Zaun bei den Kindern. Sie hilft dabei, die Luftballons an die Kinder auszuhändigen. Es ist unklar, ob sie auch Ballons mit AfD-Logo verteilt oder ob sie die offen rechtsradikale Parole auf dem T-Shirt des Mannes gesehen hat. Die Aufnahme wurde von der Facebook-Gruppe "Sonneberg gegen Nazis" veröffentlicht.Eine Antwort auf eine t-online-Anfrage an "Sonneberg gegen Nazis" steht noch aus. Die Gemeinde, die Trägerin der Kita ist, betonte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, der Mann sei Vater eines der Kita-Kinder. Er sei täglich dort und bekannt und habe vorher gefragt, ob er die Ballons verteilen dürfe.Bildungsminister spricht von "schwerem Übergriff"Der Bürgermeister von Föritztal, Andreas Meusel, bezeichnete den Vorfall als "Übergriff" und verurteilte ihn. "Insbesondere nehme ich Abstand davon, dass durch das absichtliche Herbeiführen und heimliche Filmen dieser Situation die Mitarbeiterinnen des Kindergartens und der Kindergarten in eine bestimmte Ecke gedrängt beziehungsweise geschoben werden", teilte er mit.Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) schrieb bei Twitter: "Dass ein Neonazi offenbar ungefragt auf unsere Kleinsten zielt und Kindergartenkinder ins Visier nimmt, ist ein schwerer Übergriff."SPD-Politikerin: "Einfach so beängstigend"In den sozialen Medien hat das Video Empörung ausgelöst. "Es ist nur krass", schreibt die Linken-Politikerin Katharina König-Preuss, die im Thüringer Landtag sitzt und das Video auf Twitter geteilt hat. Es sei "einfach so beängstigend", schreibt die SPD-Politikerin Sawsan Chebli. "Das lässt mir das Blut in den Adern gefrieren."Die Kindertagesstätte, um die es sich einem ersten Bildabgleich zufolge offenbar handelt, zeigt sich auf Anfrage von t-online abweisend und möchte sich nicht zu dem Video äußern."Ich hatte die falsche Kleidung an"Der Mann selbst hat sich offenbar inzwischen zu dem Video geäußert: "Ja, ich hatte die falsche Kleidung an", schreibt er auf Facebook. Er habe es allerdings nur gut mit den Kindern gemeint. "Es waren einfache blaue Luftballons und nichts stand darauf", fügt er hinzu. Für seine Kleidung möchte er sich entschuldigen, schreibt er.Der Landessprecher der AfD in Thüringen schreibt auf Twitter, dass der Mann kein Mitglied der AfD sei. "Weder würden seine Kleidung und die ausgedruckten Parolen bei uns akzeptiert, noch drängen wir uns politisch Kindern auf", so Stefan Möller.Allerdings sei der Mann schon früher "auffällig" gewesen und werde vom Ortsverband als "problematisch" beschrieben. So sei er in der Vergangenheit auch bei Ständen der AfD sowie bei der Wahlparty des neuen Sonneberger Landrates Robert Sesselmann am Sonntag gewesen. Allerdings habe er bei der Party keine Kleidung wie in dem Video getragen. Dort habe er sich an Sesselmann und den AfD-Landeschef Björn Höcke "rangemacht". Der Mann ist Möller zufolge aber weder Sesselmann noch Höcke persönlich bekannt.Am Sonntag hatte die AfD im Landkreis Sonneberg in Thüringen das erste kommunale Spitzenamt bundesweit geholt. Ihr Kandidat Robert Sesselmann gewann die Stichwahl um das Amt des Landrats mit 52,8 Prozent der Stimmen gegen CDU-Konkurrent Jürgen Köpper, der auf 47,2 Prozent kam.