Jetzt herrscht Lebensgefahr: Hitzesommer lähmt Europas Urlaubsregionen
Der Süden ächzt: Es ist nicht die erste Hitzewelle für Europas Urlaubsregionen dieses Jahr, doch bislang die heißeste. Was das bedeutet und wie es weiter geht.Knapp eine Woche ist der Sommer erst alt, doch die Hitze hat Europa längst im Griff. Gerade in Italien, Spanien und Portugal steigen die Temperaturen schon jetzt teilweise auf bis zu 44 Grad – und das im Schatten.Ursachen für die Temperaturschlacht in Südeuropa, die noch bis Donnerstag dauern soll, sind laut Meteorologen eine Heißluftblase aus Südafrika sowie Rekordtemperaturen an der Wasseroberfläche des Nordatlantiks und das Klimaphänomen El Niño. All das treibt die Temperaturen an Land in die Höhe.Egal, ob "ondata di caldo" oder "ola de calor", diese frühsommerlichen Hitzewellen haben gefährliche Konsequenzen. So galten in 13 italienischen Städten zuletzt Extremwetterwarnungen, darunter in Rom, Bologna und Mailand. In den spanischen Provinzen Sevilla und Cordóba galt ab Sonntag sogar die rote und damit höchste von drei Hitzewarnstufen.Gefahr für alle AltersgruppenWie riskant extreme Temperaturen für den menschlichen Körper sind, verdeutlicht die jüngste Warnung des spanischen Wetterdienstes Aemet. Die Hitze sei "lebensgefährlich", mahnen die Wetterexperten. In den besonders heißen Mittagsstunden zwischen 12 Uhr und 15 Uhr solle man möglichst nicht nach draußen gehen, geschweige denn dort Sport treiben.Gerade auf ältere und kranke Menschen sowie kleine Kinder sei achtzugeben – ihr Kreislauf sei besonders anfällig."Auch nicht für eine Minute" dürften Tiere oder Personen in Autos zurückgelassen werden, da diese sich rasant aufheizen könnten. Außerdem müsse man sich bestmöglich vor der Sonne schützen, ausreichend Wasser trinken, leichte Kleidung tragen und leichte Speisen essen, um auch bei sehr hohen Temperaturen fit zu bleiben.Seit wenigen Wochen ist es in Spanien sogar verboten, in einer Hitzewelle ab 13 Uhr noch im Freien zu arbeiten. Der Schritt folgte auf den Tod eines Straßenkehrers in Madrid, der vergangenes Jahr an den Folgen extremer Temperaturen gestorben war.Um mehr Aufmerksamkeit dafür zu schaffen, wie tödlich Hitzeextreme sein können, hat die spanische Stadt Sevilla im vergangenen Jahr begonnen, ihren Hitzewellen Namen zu geben: "Yago" heißt hier das aktuelle Extrem.Tödliche Hitze ist dabei nicht nur auf Südeuropa begrenzt: Laut der Weltgesundheitsorganisation starben im vergangenen Jahr in ganz Europa insgesamt mindestens 15.000 Menschen aufgrund zu hoher Temperaturen. Stefan Rahmstorf, Experte am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, geht hingegen von bis zu 100.000 Todesfällen durch die hohen Temperaturen im Sommer 2022 aus.Stufe rot auch auf dem FeldAuch Landwirte treffen die hohen Temperaturen hart, nicht nur wegen der erschwerten Arbeitsbedingungen auf den Feldern. Neben der Hitze kämpfen sie auch mit anhaltender Dürre – zahlreiche Regionen Südeuropas leiden längst unter akutem Wassermangel und betroffene Bauern befürchten ihre schlechteste Ernte seit Jahrzehnten. Im vergangenen Jahr konstatierten Wissenschaftler Europa bereits die schlimmste Dürre seit 500 Jahren.Am gravierendsten ist die Lage bisher in Spanien, das während der wichtigen Phase des Pflanzenwachstums im April weniger als die Hälfte des üblichen Niederschlags bekam. Einige Landwirte berichten schon jetzt von Ernteeinbrüchen bis zu 80 Prozent – vor allem Getreide und Ölsaaten sind laut Auskunft von Bauernverbänden betroffen. "Die Situation ist noch schlimmer als im vergangenen Jahr", sagt Pekka Person, Chef des europäischen Bauernverbands Copa-Cogeca, mit Blick auf Spanien.So erwartet das Land unter anderem bei der Olivenernte wohl einen massiven Einbruch: Normalerweise produziert Spanien rund 40 Prozent aller Oliven weltweit, doch Hitze und anhaltende Dürre dürften knapp die Hälfte der Oliven in diesem Jahr unbrauchbar machen, so die Prognose der EU-Kommission.Ähnlich besorgt ist Spaniens Regierung um die Obsternte, die normalerweise ein Drittel der europaweiten Produktion stellt. Ihren Antrag auf Geld aus dem Nothilfefonds der EU in Höhe von 450 Millionen Euro für betroffene Landwirte muss die EU noch bearbeiten.In Italien und Portugal wird bereits in regulären Jahren ein Großteil des Trinkwassers in der Landwirtschaft gebraucht. Auch hier hat die nicht enden wollende Dürre schwere Folgen. "Die schwere Dürre in Südeuropa ist besonders besorgniserregend, nicht nur für die dortigen Landwirte, sondern auch, weil sie die bereits sehr hohen Verbraucherpreise in die Höhe treiben kann, wenn die EU-Produktion deutlich geringer ausfällt", warnte die Pressesprecherin der EU-Kommission, Miriam Garcia Ferrer, bereits im Mai.Trotz der verheerenden Folgen: Für die Länder im südlichen Europa dürften diese Extremtemperaturen keine Überraschung sein. Schon im Frühling kratzten die Thermometer in Spanien und Portugal erstmals in diesem Jahr an der 40-Grad-Marke; vielerorts lagen die Temperaturen damit mehr als 20 Grad über den normalen Werten für diese Jahreszeit.In beiden Fällen war es der heißeste Monat April seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Eine Situation, die "nahezu unmöglich" ohne die Folgen der Klimakrise zu erklären ist, so die Analyse der "World Weather Attribution"-Initiative.Erst im August 2022 knackte der Südosten Siziliens nicht nur den italienischen Hitzerekord, sondern auch den langjährigen Höchstwert für ganz Europa: Die Kleinstadt Floridia flirrte bei 48,8 Grad. Schuld waren das passend benannte Hoch "Luzifer" und die Klimakrise. Denn: Die Hitzewellen werden durch die fortlaufende Erderhitzung zunehmend schlimmer, wie die Klimawissenschaftler und Meteorologen bereits seit Jahren warnen.Heiß, heißer, 2023Die Iberische Halbinsel erlebte bereits 2022 das heißeste Jahr seit vielen Jahrzehnten: Während die Durchschnittstemperaturen in Spanien zuletzt 1961 vergleichbar hoch waren, kam Portugal an seinen Temperaturrekord von 1931 heran. Für Italien war es sogar das heißeste Jahr, seitdem es Wetterdaten gibt. Für Gesamteuropa gilt immerhin der Sommer 2022 als heißester aller Zeiten.Zwar gab es auch in der Vergangenheit ab und zu sehr heiße Jahre. Die Wetterdaten zeigen jedoch den beunruhigenden Trend der jüngsten Vergangenheit: In Südeuropa, aber auch in Deutschland und weltweit ist es immer häufiger viel wärmer als lange üblich.Als Grund für die steigenden Durchschnittstemperaturen und die zunehmend häufigen und immer intensiveren Hitzewellen verweisen Experten auf die Klimakrise: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Länge, Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen durch die Erderhitzung weiter steigt", stellte der Weltklimarat der Vereinten Nationen schon in seinem Bericht 2021 fest.Einiges lässt darauf schließen, dass der Sommer 2023 in den beliebten Urlaubsländern in Südeuropa noch extremer wird. Der staatliche Wetterdienst Spaniens, Aemet, geht bereits davon aus, dass es "einer der heißesten Sommer der vergangenen Jahrzehnte" sein dürfte.Der Beginn des El Niño könnte dies auch für Italien, Portugal und nicht zuletzt auch für Deutschland wahr werden lassen: Das Klimaphänomen, das alle zwei bis sieben Jahre auftritt, soll laut meteorologischen Modellen dieses Mal "moderat bis stark" ausfallen und die Sommertemperaturen entsprechend steigen lassen.Und das zusätzlich zum globalen Anstieg der Temperaturen durch die menschengemachten CO2-Emissionen. Diese heizen Europa laut dem Corpernicus-Klimadienst der EU bereits schneller auf als jeden anderen Kontinent der Erde.