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Tiefseebergbau: Der Raubbau am Boden der Meere kann beginnen

Der Abbau von Rohstoffen im Meer birgt vermutlich große Gefahren für Tiere und Pflanzen in den Weltmeeren. Der Versuch, einen Regelkatalog aufzustellen, ist dennoch vorerst gescheitert.Die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) ist vorerst an der Aufgabe gescheitert, weltweite Regeln für den Tiefseebergbau aufzustellen. Nach schwierigen Verhandlungen teilte der seit zwei Wochen in Jamaika tagende ISA-Rat am Freitagabend (Ortszeit) mit, dass er lediglich einen Fahrplan für die weitere Arbeit an dem Regelwerk aufgestellt habe. Dieses solle voraussichtlich bei der 30. Sitzung der ISA im Jahr 2025 beschlossen werden.Die Internationale Meeresbodenbehörde berät bereits seit zehn Jahren über grundlegende Regeln für den Tiefseebergbau. Bis entsprechende Vereinbarungen stehen, ist jedoch noch eine Menge Arbeit notwendig.Damit klafft vorerst eine riskante Regelungslücke beim Tiefseebergbau. Denn: Seit dem 9. Juli kann jeder Staat im Namen eines von ihm unterstützten Unternehmens eine Förderlizenz für Bodenschätze unter dem Meeresboden beantragen. Über die Anträge entscheidet die ISA dann von Fall zu Fall. Einheitliche Vorschriften für die Umsetzung und das Ausmaß der Vorhaben fehlen nun jedoch weiterhin.Staaten beraten über MoratoriumUmweltschützer warnen vor Tiefseebergbau in industriellem Ausmaß und fordern den Verzicht auf die Vergabe von Förderlizenzen bis zur Fertigstellung eines internationalen Regelkatalogs. "Ein Antrag auf eine Fördererlaubnis kann jeden Moment gestellt werden", erklärte Sofia Tsenikli im Namen des Bündnisses Deep Sea Conservation Coalition der Umweltorganisationen Greenpeace und WWF.Ein Moratorium sei deshalb dringend und notwendig. "Wir brauchen dieses Moratorium, um zu verhindern, dass ein neuer Industriezweig diesen einzigartigen Lebensraum ohne Sinn und Verstand ausbeutet", ergänzte der Greenpeace-Meeresexperte Till Seidensticker.Länder wie Deutschland unterstützen diese Forderung. Die 167 Staaten der ISA-Vollversammlung beraten ab kommender Woche über ein solches Moratorium.Raubbau an der Natur für Batterien von E-Autos?Wofür wird Tiefseebergbau benötigt? Konkret geht es um den Abbau sogenannter Manganknollen auf dem Meeresboden in 4.000 bis 6.000 Metern Tiefe. Sie entstehen über Millionen Jahre aus Ablagerungen und enthalten Rohstoffe wie Mangan, Kobalt, Kupfer und Nickel, die in der Herstellung von Batterien etwa für Elektroautos verwendet werden könnten.Auf den Knollen wachsen jedoch Schwämme und Korallen, die Lebensraum für zahlreiche weitere Tiere bieten. Für den kanadischen Bergbau-Konzern TMC, der eine Förderlizenz beantragen will, sind Manganknollen "Batterien in einem Stein" und der "sauberste Weg zu Elektrofahrzeugen".Untersuchungen des europäischen Forschungsprojekts MiningImpact über die Bergbau-Tests von TMC und des belgischen Unternehmens GSR am Meeresboden in der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ) im Pazifik zwischen Mexiko und Hawaii stellen das infrage. Denn: Die Panzer-ähnlichen "Kollektoren" der Firmen saugen demnach nicht nur die Knollen auf, sondern auch alle Organismen, die auf und um sie herum auf dem Meeresboden leben. Umweltorganisationen sprechen von einem drohenden Kahlschlag am Grund der Weltmeere.Zudem richte die entstehende Sedimentwolke großflächige Schäden an. Weitere Studien warnen vor Gefahren für Wale durch Lärm und für Menschen durch die Radioaktivität der Knollen.Greenpeace: Darf "niemals starten"Nach Berichten des WWF und des Öko-Instituts im Auftrag von Greenpeace ist der Tiefseebergbau für die Energie- und Verkehrswende nicht unbedingt nötig. Laut einem Bericht im Fachmagazin "Current Biology" vom Mai sind rund 90 Prozent der geschätzt 6.000 bis 8.000 Tierarten in der CCZ noch unerforscht.Der nun "hinter verschlossenen Türen" ausgehandelte Fahrplan berücksichtige hingegen "nicht die Sorgen und den wachsenden Widerstand gegen den Tiefseebergbau", erklärte Tsenikli. Greenpeace-Meeresexperte Till Seidensticker forderte, der Tiefseebergbau dürfe "niemals starten"."Es ist nicht möglich, ein Regelwerk für Tiefseebergbau aufzustellen, das diesen extrem empfindlichen Lebensraum schont", warnte Seidensticker. "Diese Ausbeutung des Meeresbodens bedeutet unter allen vorstellbaren Umständen Zerstörung und Artensterben."