Auto | Test zeigt: Bedienkonzepte werden immer schlechter
Verwirrung hinterm Lenkrad: Neue Autos überfordern mit ihren Bedienkonzepten ihre Fahrer. Das ergab ein Versuch der Sachverständigenorganisation Dekra.Touchen, sliden, swipen: In modernen Autos ist das Bedienkonzept von Smartphones angekommen. Große Zentralbildschirme und zusätzliche Displays hinter dem Lenkrad verdrängen Schalter und traditionelle Instrumente zunehmend.Das kann gut funktionieren, aber auch Wut auslösen: Unbeleuchtete Wischflächen für die Klimasteuerung, träge Reaktionszeiten des Displays und schlecht steuerbare Schaltflächen auf dem Lenkrad haben beispielsweise im Golf 8 und ID.3 dafür gesorgt, dass VW zurückruderte und wieder mehr auf klassische Knöpfe setzen will (lesen Sie hier mehr dazu). Doch wie steht es um die Sicherheit solcher Systeme? Ein Test zeigt: nicht sonderlich gut. Die Sachverständigenorganisation Dekra hat 80 Personen dafür verschiedene Aufgaben gestellt. Sie sollten unter anderem den Scheibenwischer, die Frontscheibenbelüftung, das Radio, die Heckscheibenheizung, das Abblendlicht oder die Nebelscheinwerfer einschalten. Die Probanden mussten dies in Fahrzeugen aus dem Jahr 2012 und 2022 – jeweils gleiches Modell, nur unterschiedliche Generation – im Stand bei eingeschalteter Zündung erledigen.Verwirrung bei den BedienkonzeptenDabei zeigte sich, dass die Testpersonen im neueren Fahrzeug im Schnitt viel mehr Zeit benötigten als im älteren, zum Teil brauchten sie mehr als doppelt so lang. Zudem scheiterten deutlich mehr Probanden im neueren Modell an der Lösung einer Aufgabe innerhalb des festgesetzten Zeitlimits von 30 Sekunden.Die Mehrheit der Tester war vom Bedienkonzept des neueren Fahrzeugs verwirrt. Sie klagten etwa über die Reaktionszeit des Touchdisplays und die fehlende haptische Rückmeldung der berührungssensitiven Schaltflächen. Sie kritisierten außerdem den notwendigen Lernaufwand, um das moderne System zu verstehen. In der Menüführung gebe es je nach Hersteller erhebliche Unterschiede, auch bei der Benennung von Funktionen. "Werden Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller gefahren, wie etwa bei der Nutzung von Mietwagen oder beim Carsharing, sind Probleme vorprogrammiert", so Thomas Wagner, Verkehrspsychologe bei der Dekra.Vor allem ältere Menschen, aber auch Personen mit Lesebrillen könnten mit den neuen Bedienkonzepten Probleme bekommen: Ohne diese Brille erkennen sie die Bedienelemente auf dem Display nicht – und können sie im Gegensatz zu Schaltern nicht intuitiv ertasten. Mit der Brille können sie aber dem Verkehrsgeschehen nicht mehr folgen, weil sie auf größere Entfernung praktisch nichts mehr sehen.Organisation fordert StandardsDie Dekra-Experten fordern eine herstellerunabhängige Standardisierung besonders für sicherheitsrelevante Funktionen hinsichtlich der Anordnung, des Anbringungsorts und der Handhabung der jeweiligen Elemente im Fahrzeug-Cockpit. Diese sollten mittels herkömmlicher Bedienelemente mit haptischem Feedback einstellbar sein, sodass sie auch bei einem möglichen Ausfall eines Touchscreens nutzbar sind.