Frauen im Auto: Fahren sie wirklich schlechter als Männer?
Fahren Frauen wirklich schlechter Auto als Männer? Ein Blick in die Unfallstatistiken zeigt eine eindeutige Tendenz.Frau am Steuer – ach, lassen wir das. Die Klischees über das weibliche Fahrtalent sind weithin bekannt, fast jeder kann dieses oder weitere Klischees ohne Nachdenken aufsagen. Doch wie steht es wirklich um das Gerücht, dass Frauen die schlechteren Autofahrer sind? Aus Sicht von Experten lassen sich solche Aussagen wissenschaftlich nicht belegen. Vielmehr spielten Erfahrung und Routine die entscheidende Rolle, sagt Siegfried Brockmann, der beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft die Unfallforschung leitet. Ausschlaggebend seien etwa die gefahrenen Kilometer und auch das Alter von Frau beziehungsweise Mann am Steuer. Ein mittelalter Mann fahre in der Regel besser als eine junge Frau, eine mittelalte Frau besser als ein junger Mann.Frauen tragen seltener die Hauptschuld an UnfällenEinen groben Eindruck von der Situation gibt eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes zu Unfällen von Frauen und Männern im Straßenverkehr im Jahr 2020. Danach trugen Frauen am Steuer nicht so häufig die Hauptschuld an Unfällen wie Männer: 59,2 Prozent der an einem Unfall beteiligten Männer waren Hauptverursacher eines Unfalls mit Personenschaden, bei den Frauen waren es 54 Prozent – 5,2 Prozentpunkte weniger.Und auch bei der Schwere der Unfälle gibt es einen Unterschied: Auf 1.000 Unfälle mit Personenschaden, bei denen eine Frau Hauptverursacherin war, kamen 1.330 verunglückte Menschen. Sechs davon wurden getötet, 185 schwer verletzt. Bei Männern am Steuer verunglückten je 1.000 Unfällen mit Personenschaden 1.327 Menschen, 12 davon tödlich und 206 mit schweren Verletzungen.Fakt ist: Frauen tragen bei weniger Unfällen mit Personenschaden die Hauptschuld. Die Unfälle sind laut Statistik auch etwas weniger folgenschwer als jene, bei denen ein Mann am Steuer saß.Frauen häufiger auf dem BeifahrersitzInsgesamt ist das Risiko, im Straßenverkehr zu verunglücken – ob zu Fuß, auf dem Fahrrad oder im Auto –, bei Frauen deutlich geringer: Je 100.000 Einwohner verunglückten 332 Frauen, aber 464 Männer im Straßenverkehr. Bei den tödlichen Unglücken ist der Unterschied noch höher: Je eine Million Einwohner starben 16 Frauen, aber 50 Männer im Straßenverkehr. Auf die Einwohnerzahl bezogen kamen damit gut dreimal so viele Männer wie Frauen auf Deutschlands Straßen ums Leben.Fast zwei Drittel der im Straßenverkehr verunglückten Frauen kamen im Auto zu Schaden – nämlich 80.504 oder 57,6 Prozent. Bei den Männern lag der Anteil bei 41,3 Prozent oder 78.506 Personen. Interessant: Während fast ein Drittel (31,6 Prozent) der Frauen im Auto als Mitfahrerinnen verunglückten, saßen nur 18,9 Prozent der im Auto verunglückten Männer auf dem Beifahrersitz oder der Rückbank. Schlussfolgerung der Analysten: Frauen sitzen anscheinend noch immer seltener am Steuer als Männer.Fakt ist: Frauen verunglücken seltener im Straßenverkehr als Männer. Dafür kommen mehr Frauen im Auto zu Schaden – und viele davon sitzen auf dem Beifahrer- statt auf dem Fahrersitz.Alkohol eher ein Thema von MännernBetrachtet man in der Statistik die Ursachen für die Unfälle, gibt es deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Die Ursache "Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren" steht bei beiden Geschlechtern auf Platz eins, doch ist sie bei Frauen (21,7 Prozent) etwas häufiger als bei Männern (19,2 Prozent). Missachtung der Vorfahrt ist ebenfalls bei Frauen und Männern auf Platz zwei, aber kommt bei Frauen (20,8 Prozent) spürbar häufiger vor als bei Männern (16,6 Prozent).Eine der vielfältigen Erklärungen: Bei Frauen kam der Alkoholeinfluss als Unfallursache deutlich seltener vor als bei Männern (1,5 zu 4,3 Prozent) – diese Prozentpunkte verteilen sich statistisch eher auf andere Ursachen."Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern in der psychischen, motorischen und mentalen Leistungsbereitschaft und -fähigkeit sind sehr gering", sagt der Verkehrspsychologe Wolfgang Fastenmeier. Nur in der Risikobereitschaft gebe es einen Unterschied. "Männer sind risikofreudiger und machen sich weniger Sorgen um Unfallgefahren und kommen daher häufiger ums Leben. Frauen sind vorsichtiger." In der Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren wurden im Jahr 2020 allein 20 junge Frauen je eine Million Einwohner im Verkehr getötet, bei den jungen Männern war dieser Wert mehr als viermal so hoch: Er lag bei 81 Toten.Eine Umfrage des Portals "Autoscout24" hat aber auch ergeben: Frauen sind in manchen Fahrsituationen ängstlicher als Männer, zum Beispiel beim Fahren in der Nacht oder im dunklen Herbst: 87 Prozent räumten ein, dass die Dunkelheit sie negativ beeinflusse, aber nur 73 Prozent der Männer. Insgesamt fährt jede zweite Frau langsamer im Dunkeln, aber nur jeder dritte Mann.Fakt ist: Frauen verursachen prozentual auf ihre niedrigeren Unfallquoten häufiger Unfälle beim Abbiegen, Wenden oder durch missachtete Vorfahrt. Dafür ist viel seltener Alkohol im Spiel, zudem sind Frauen bei gleichen Grundvoraussetzungen vorsichtiger – und in manchen Fällen auch ängstlicher.Schwächere Autos, häufig innerorts unterwegsNatürlich können die Zahlen nicht alles erfassen – schließlich beziehen sie sich ausschließlich auf Unfälle mit Personenschäden. "Frauen sind vermutlich viel mehr in der Innenstadt unterwegs. Und weil dort die Geschwindigkeit viel niedriger ist und [dadurch bei mehr Unfällen, Anm. d. Red] kein Personenschaden entsteht, werden solche Unfälle nicht in unsere Statistik aufgenommen", sagt Mirjam Bick vom Statistischen Bundesamt zu "detektor.fm". Zudem fahren Frauen schwächere Autos als Männer. 29,1 Prozent der unfallbeteiligten Frauen waren mit einer Motorleistung unter 60 kW (81 PS) unterwegs, bei den Männern waren dies nur 15,4 Prozent. Einen Pkw mit über 90 kW (122 PS) Motorleistung fuhren dagegen nur 33,7 Prozent der unfallbeteiligten Frauen, aber 53,5 Prozent der unfallbeteiligten Männer.Fazit:Frauen sind im Durchschnitt seltener in Unfälle mit Personenschäden verwickelt als Männer und fahren vorsichtiger. Allerdings sind sie mit ihren häufig schwächeren Fahrzeugen in Städten unterwegs, wo durch geringere Geschwindigkeiten seltener Personenschäden entstehen. Dadurch werden jedoch auch Parkrempler und andere kleinere Schäden in dieser statistischen Auswertung nicht erfasst.Die Sicherheit des Fahrens hängt laut Experten jedoch stark vom Alter und der Fahrpraxis ab – und nicht vom Geschlecht. Eine mögliche Erklärung für unsichereres Verhalten von Frauen sehen einige Experten in der Sozialisation und darin, dass Frauen oft von Männern mit Vorurteilen konfrontiert werden, die zusätzliche Unsicherheit schaffen.