Putins Anordnung ignoriert: Nehmen russische Behörden ihn nicht ernst?
Wladimir Putin hat seinen Offiziellen untersagt, in ausländischen Karossen zu fahren. Doch die Realität sieht offenbar anders aus.Russische Behörden scheinen sich bei der Wahl der Dienstkarossen einer Weisung von Wladimir Putin zu widersetzen. Dieser hatte vor einigen Wochen klargemacht, dass russische Offizielle doch bitte Fahrzeuge aus heimischer Produktion und nicht ausländische Marken verwenden sollen. Damit wollte der Kremlchef ein Signal setzen, die heimische Autoindustrie zu unterstützen.Als er bei einem öffentlichen Termin Anfang August gebeten wurde, den Import zu erlauben, habe er gesagt, dass dies absolut ausgeschlossen werden sollte. "Alle Beamten des Landes müssen inländische Autos fahren", sagte der Präsident laut Medienberichten. Er selbst benutzt eine spezielle Version der russischen Marke Aurus. Allerdings wurde er bei einem Besuch der Krim-Brücke im Dezember in einem Mercedes gesichtet.Doch offenbar hat sich die Weisung des russischen Präsidenten noch nicht überall herumgesprochen. Ausgerechnet einer seiner Getreuen und Vorgänger im Amt, Dmitri Medwedew, wurde diese Woche gesehen, wie er in einem Mercedes-Konvoi vorfuhr.Das russische Nachrichtenportal "Verstka" sieht darin keinen Einzelfall. Dessen Recherchen haben ergeben, dass Russland allein im August fast 53 Millionen Rubel, etwa eine halbe Million Euro, für ausländische Fahrzeuge ausgegeben hat. In Sotschi soll es eine Ausschreibung für einen Minivan gegeben haben, die auf ein bestimmtes Modell von Mercedes passen soll.Eine Firma des Ministeriums für Landbesitz soll einen Mercedes V 300 D 4MATIC kaufen wollen. Man habe sich damit herausgeredet, dass man keine Staatsbehörde sei und dem Bann nicht unterliege, so "Verstka". Andere Ministerien und Unterabteilungen sollen koreanische und chinesische Limousinen bestellt haben.Das oppositionelle russische Portal Agentstvo veröffentlichte einen Bericht, nachdem in russischen Ministerien die ebenfalls von Putin verbannten Apple-Produkte verwendet werden. Der Präsident hatte im Juli den Einsatz untersagt, weil er befürchtet, dass sie für westliche Spionage verwendet werden könnten.Analyst: "Wenige Alternativen auf dem russischen Markt"Die Anordnung, die Verwendung ausländischer Autos und Apple-Produkte einzustellen, "wird schwer umzusetzen sein, weil es auf dem Markt nicht viele Alternativen gibt", sagte Oleg Ignatow, leitender russischer Analyst der Denkfabrik Crisis Group, gegenüber dem US-Magazin "Newsweek". Nachdem westliche Autohersteller Russland verlassen hätten, gebe es nur noch ausländische Alternativen, so Ignatow.Offizielle würden gehobenere Limousinen bevorzugen. Diese würden aber so gut wie gar nicht in Russland hergestellt, so der Analyst. Auch bei Smartphones stehe Russland vor einem Dilemma: Entweder man benutze die westlichen Betriebssysteme iOS oder Android oder man installiere ein chinesisches System. Eine russische Version ist seit Jahren nur in der Entwicklung.Ein Aufstand gegen Putins Wünsche sind die Sichtungen von Limousinen und iPhones wohl nicht. Auch wenn er nach dem Prigoschin-Marsch gen Moskau – wie Bundeskanzler Olaf Scholz es sagte – der Kremlchef "nicht mehr so fest im Sattel sitze wie zuvor", seien die Eliten in Moskau dennoch vorsichtig, so der Analyst. Sie würden sich wohl bald fügen. Ein Ausweg könnte die inländische Produktion von Modellen aus China oder der Iran bieten. Derzeit führt die russische Marke Lada den Automarkt an, berichtet Reuters. Doch auf den nächsten Plätzen stehen bereits die chinesischen Hersteller Haval, Chery und Geely. Weitere russische Hersteller sind der SUV-Produzent Sollers und die Luxusmarke Aurus.