Prigoschin: Wagner-Chef wieder aufgetaucht – und klingt verändert
Jewgeni Prigoschin lässt sich blicken. Er ist ganz offensichtlich nicht mehr in Belarus. Was er zu sagen hat, erstaunt. Zumindest, was seinen neuen Ton betrifft.Jewgeni Progoschin war verschwunden, abgetaucht. Fast einen Monat lang hatte der sonst so zeigefreudige Oligarch und Söldner-Boss kein öffentliches Lebenszeichen von sich gegeben. Zum letzten Mal in Erscheinung getreten war er Ende Juli beim Afrika-Gipfel in St. Petersburg, wo er sich mit dem Botschafter der Zentralafrikanischen Republik präsentierte.Nun gibt es ein neues Video von Prigoschin. Veröffentlicht wurde es am Montagabend auf dem der Wagner-Gruppe nahestehenden Telegram-Kanal "Grey Zone". Der 62-Jährige zeigt sich darin in Tarnkleidung, in der Hand hält er ein Gewehr, um ihn herum ist karge Steppenlandschaft zu sehen, ein Jeep mit Militärpersonal im Hintergrund. Offenbar befindet sich Prigoschin in einem afrikanischen Land. Darauf lassen zumindest die Aussagen schließen, die er in dem Video macht. (Das Video sehen Sie oben oder hier.)"PMC Wagner führt Aufklärungseinsätze durch, um Russland auf allen Kontinenten noch größer zu machen, um Afrika freier zu machen und den Afrikanern Gerechtigkeit und Glück zu bringen", sagt der Wagner-Boss. Prigoschin ist also in Afrika, um die Menschen auf dem Kontinent zu beglücken. Mit der Waffe in der Hand.Das mag reichlich zynisch klingen und ist es vermutlich auch. Denn das Hauptinteresse der Wagner-Gruppe besteht nach Meinung vieler Experten darin, autoritäre Regime in Afrika an der Macht zu halten und mit ihrer Hilfe die Bodenschätze der Länder zu plündern. Russlands Autokrat Wladimir Putin profitiert von Wagner nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Afrika. Es geht um Milliarden Rubel. (Mehr dazu lesen Sie hier.)Mangel an Ausrüstung: Russland beschlagnahmt Autos der eigenen SoldatenNewsblog zum Ukraine-Krieg: Drohnen über Moskau – Flughäfen müssen schließenSoldaten an der Front: In der Freizeit wird weiter Krieg gespielt"Wir werden hier zum Albtraum"So etwa in der Zentralafrikanischen Republik, wo Wagner-Söldner das Regime des mit harter Hand regierenden Präsidenten Faustin-Archange Touadéra stützen. Es mag kein Zufall sein, dass Prigoschin sich beim Afrika-Gipfel in Russland just mit dem Botschafter des Landes getroffen hatte. Jetzt ist er also selber vor Ort, nachdem er sich nach dem gescheiterten Putschversuch zunächst eine Weile in Belarus aufhielt. Und noch etwas ist auffällig an dem Video: Prigoschins Ton. Hatte er vor dem gescheiterten Aufstand Ende Juni, als er mit einem gewalttätigen "Marsch auf Moskau" Wladimir Putin wohl dazu bringen wollte, die russische Militärführung abzusetzen, noch geflucht, gejammert und beleidigt, gibt er sich nun fast demütig. "Wir arbeiten. Die Temperatur ist 50°+. Genauso wie wir es mögen", sagt der Wagner-Boss in dem Videoclip. "Wir werden hier zum Albtraum für al-Qaida, ISIS und andere Gangs". Die Formulierung ist aufschlussreich, schließlich begründet das Russland unter Putin seit jeher militärische Einsätze gern mit dem Kampf gegen den Terror. Das war schon zu Beginn von Putins Amtszeit im Kreml so, als er Ende der 90er-Jahre den brutalen Krieg in Tschetschenien rechtfertigen musste. Der blutige Krieg im Kaukasus schärfte sein bis dato blasses Bürokraten-Image und half ihm entschieden dabei, in seine zweite Amtszeit als Präsident gewählt zu werden.Als Anti-Terror-Mission wurde auch der Einsatz der russischen Truppen und der Wagner-Söldner in Syrien verbrämt, wo russische Soldaten dem Unrechtsregime von Baschar al-Assad dabei halfen, Hunderttausende Menschen zu ermorden und ganze Städte auszulöschen. So sieht Putin seinen "Koch" wohl am liebstenNun also Afrika. Der Kontinent gilt längst als wichtiger Einflussbereich des Kreml. Offenbar versucht Putin hier den Boden gutzumachen, den er in Europa mit dem Krieg gegen die Ukraine zu verlieren droht. Wichtigstes Instrument dabei: die Söldner der Wagner-Gruppe. Im sogenannten Globalen Süden ist Russland nach wie vor hoch angesehen. Nicht nur in Mali, im Sudan oder in der Zentralafrikanischen Republik.Erst kürzlich liefen die Menschen in Nigers Hauptstadt Niamey jubelnd durch die Stadt, nachdem hochrangige Militärs den demokratischen Präsidenten festgesetzt und die Macht übernommen hatten. In der Hand hielten die Menschen in Niger dabei russische Fahnen. Dort ist die Wagner-Gruppe ebenfalls bereits seit längerer Zeit aktiv. Es ist somit vornehmlich ein Kampf gegen den Einfluss des Westens und gegen die Demokratie, weniger ein Kampf gegen den islamischen Extremismus, den der Kreml in Afrika vorantreibt. Jewgeni Prigoschin ist dafür extrem nützlich. Viele Beobachter waren verwundert darüber, dass der schwerreiche Oligarch nach der tödlichen Meuterei Ende Juni überhaupt noch am Leben ist. Doch Putin braucht ihn offenbar als willfährigen Warlord am Äquator.Dazu passt Prigoschins neuer Ton in dem Video. Er gibt sich demütig, pflichtbewusst, einzig im Auftrag und zum Wohl Russlands handelnd. "Wir stellen echte Krieger ein", sagt er noch. "Und wir fahren fort damit, die versprochenen Ziele zu erreichen." So sieht der Diktator im Kreml seinen einstigen "Koch" wohl am liebsten.