Dacia Jogger Hybrid im Test: Lohnt sich der Van für Camping-Trips?
Camper, die auch im Alltag etwas taugen, sind beliebt. Der Dacia Jogger macht es umgekehrt: Der Van lässt sich gegen Aufpreis in ein Schlafzimmer verwandeln.Spontan ein Wochenende am See übernachten oder ohne viel Aufwand von einem Ort zum nächsten reisen – diese Flexibilität macht für viele den Charme des Campens auf vier Rädern aus. Doch wer sich in letzter Zeit die Preise für neue Wohnmobile angeschaut hat, stellt fest: Bei 40.000 Euro geht es oft erst los.Beliebt ist daher die pragmatische Lösung: ein Camper, der sich gleichzeitig im Alltag nutzen lässt. Oder man macht es noch puristischer und macht sein ausreichend großes Auto zum Teilzeit-Camper.Dacia bietet in seinem Zubehörkatalog für seinen Van Jogger das "Sleep Pack" für Übernachtungen im Auto an. Im Endeffekt handelt es sich um eine Box mit Stauraum und ausklappbarer Matratze, die in den Kofferraum gestellt und bei Nichtgebrauch wieder herausgenommen wird. Inzwischen gibt es einige Hersteller, die so etwas anbieten – aber kaum ein geeignetes Basisfahrzeug ist neu so günstig wie der Dacia.Doch ist das Camping im Kofferraum auch bequem? Wie leicht gelingt der Umbau? Und bietet das Doppelbett ausreichend Platz? t-online-Redakteurin Sandra Simonsen hat den Spar-Camper in der Hybridversion mit ihrem Partner ausprobiert, Finanzexpertin Christine Holthoff (kursive Schrift) hat den Soloversuch gewagt. Hier lesen Sie ihre Erfahrungen – in einem Testbericht in fünf Akten.Akt I: Der erste Eindruck: Doch nicht so billig wie gedacht?Sandra: "Bingbingeling": Ein nerviges Bimmelgeräusch ist der wohl erste Eindruck, den der Dacia Jogger bei uns hinterlässt. Als würde uns der Wagen begrüßen, ertönt der Klingelton mit heftigem Bass bei jedem Einstieg auf der Vorderseite. Später sollte das insbesondere auf dem Campingplatz oder den Parkplätzen schnell für verwunderte Blicke bei den anderen Anwesenden sorgen. Schade, dass wir die Einstellung zum Deaktivieren erst sehr spät entdeckt haben.Christine: Das ist wahr, so ging es mir auch auf meiner Solotour. Ein bisschen hatte ich gehofft, der Begrüßungston würde die Nachbarn anlocken, die dann in meiner Vorstellung gleich tatkräftig beim Aufbau mit anpacken. Doch leider blieb es bei neugierigen Blicken. Aber dazu später mehr ...Der Dacia Jogger ist mit Hybridantrieb angesichts seiner Größe mit einem Preis ab rund 25.000 Euro sehr günstig, viel günstiger als ein "richtiges" Wohnmobil. Bietet natürlich aber auch keine Küchenzeile, Sitzecke, geschweige denn eine Nasszelle. Wer noch weniger ausgeben will, bekommt den Van in Sparausstattung schon ab 16.990 Euro (100 PS, LPG-Gasantrieb). Rechnet man noch die Campingbox für 1.500 Euro und die Verdunklung dazu, hat man ein Spar-Wohnmobil für unter 20.000 Euro.Die hochwertigere "Extreme"-Ausstattung überrascht uns positiv. Weder klappern die Türen beim Zuwerfen, noch wirken Innenraum oder Karosserie billig. Elektrische Fensterheber an allen Fenstern, ein digitaler Bordcomputer, bequeme, wenn auch eher weiche Sitze: All das wirkt eher wie bei einem soliden Mittelklassewagen und nicht wie das, was man erwartet, wenn man an Dacia denkt.Für mich gilt bei Autos sowieso: bloß nicht zu viel Technik-Schnickschnack. Zündung auf Knopfdruck und Klimaanlage gerne, aber den Sitz verstelle ich dann doch am liebsten ganz altmodisch mit einem Griff an den Hebel unter ihm statt über irgendwelche Mini-Schalter. Dass der Dacia Jogger mir diesen Gefallen tut, macht ihn mir direkt sympathisch.Akt II: Die Fahrt: Hoher Verbrauch für wenig LeistungZunächst geht es für uns mit dem Wagen quer durch Berlin. Schnell fällt auf: Das eingebaute Navi ist nicht ganz so leicht zu bedienen und läuft obendrein ein wenig langsam. Würden wir strikt den Navigationsanweisungen folgen, käme es im Kreisverkehr sicher zu einigen Umrundungen. Daher verlassen wir uns auf unser Smartphone – das sich unter mehreren Fehlermeldungen leider auch nicht mit dem Infotainment koppeln lässt.Und auch der Wechsel des Hybrids von Elektro- auf Benzinantrieb gelingt nicht immer reibungslos. Besonders bei Innenstadttempo dringt ein unangenehm hochtouriges Motorgeräusch in den Innenraum, bis der Benziner endlich herunterschaltet. Wer wie wir Schaltwagen gewohnt ist, hängt jetzt mit der Hand am imaginären Schaltknüppel und tritt mit dem linken Fuß ins Leere, um für Ruhe zu sorgen.Auf der Autobahn macht der Dacia Jogger Hybrid schließlich eine recht gute Figur: Schnell sind wir bei angenehmen 130 bis 160 km/h, die im Innenraum kaum hörbar sind. Einen Wermutstropfen gibt es trotzdem: Die Beschleunigung beim Überholen fühlt sich durch das Gewicht des Wagens nicht an wie insgesamt 140 PS und gleicht fast der Leistung unseres privaten Kleinwagens mit 60 PS. Zusätzlich stört die wuchtige B-Säule beim Schulterblick. Wir meiden Spurwechsel, so gut es geht. Und obwohl wir die meiste Zeit zwischen 80 und 130 km/h fahren, verbraucht der Wagen überraschend viel Sprit: Die Werksangabe von 4,7 Litern übertrifft der Jogger locker um ein bis zwei Liter.Akt III: Der Aufbau: Zu zweit ein Kinderspiel – alleine ...Es soll nur wenige Minuten dauern, dann wird aus dem Familienauto mithilfe der Camping-Box ein Pärchen-Schlafplatz. Und es ist für uns so einfach, wie die Werbung verspricht. Mit wenigen Handgriffen klappen wir die hinteren Sitze nach vorn, ziehen das Bettgestell aus und klappen letztlich noch die Liegefläche aus. Obendrauf kommt eine dünne Klappmatratze – et voilà.Nun ja, ich würde gerne behaupten, dass es bei mir auch so schnell und intuitiv funktioniert. Stattdessen spielt sich in etwa Folgendes ab: Rücksitze komplett nach vorne kippen und samt Sitzpolstern einrollen, Vordersitze so weit vorschieben wie möglich, Gestell der Liegefläche ausziehen, feststellen, dass der Platz nicht reicht. Kommando zurück, Rücksitze nur halb nach vorne kippen, nichts mit den zwei Querstreben anzufangen wissen und dann, äh, ein Erklärvideo auf YouTube anschauen. Und schwupps, plötzlich geht es doch ganz fix. Beim nächsten Mal weiß ich Bescheid.Weitaus leichter fällt es mir, den Wagen mit den Verdunklungsblenden (295 Euro extra) abzudunkeln. Auf alle Fenster, die sich nicht herunterfahren lassen, müssen dafür kleine Halterungen geklebt werden. Wer jetzt nicht akkurat arbeitet, riskiert ewige Lichtbelästigung. Doch am Ende sieht alles gut aus, die schwarzen Abdeckungen schließen nahtlos ab. Nur die Clips für die verstellbaren Seitenfenster, die unter das Gummi geschoben werden müssen, haben eine lästige Angewohnheit: Sie rutschen leicht von der Abdeckung, sind aber nur mit Mühe wieder dranzubekommen.Für uns ist die Verdunkelung nicht ganz so einfach, wir werden ohne Anleitung nicht richtig schlau aus den vielen Klammern und dem System, nach etwa zehn Minuten ist aber auch das geschafft und wir können Probe liegen. Akt IV: Die Nacht: Zu hart oder genau richtig?Nach dem Probeliegen ist uns bereits klar: Es wird keine besonders erholsame Nacht werden. Die Matratze ist uns zu dünn und die Liegefläche somit sehr hart. Eng ist es obendrein noch.Eng? Ich weiß gar nicht, was ihr habt, es war doch sehr komfortabel. Okay, eventuell habe ich da als Alleinreisende einen kleinen Vorteil. Bei mir ist hinten so viel Platz, dass ich vorm Einschlafen noch ein paar Stretching-Übungen machen kann. Die Härte der Liegefläche kommt mir da sogar gelegen.Zu zweit wird aus dem "ins Bett gehen" hingegen ein kleiner akrobatischer Akt, beim zweiten Versuch lernen wir immerhin, dass einer von außen den Kofferraum schließen und seitlich einsteigen muss, damit wir auf 1,30 mal 1,90 Metern nicht übereinander kriechen müssen.Obwohl wir in der Campingplatz-Bar noch ein wenig Wein gegen die widrigen Umstände getrunken haben – auf einen Gas-Campingkocher und das ganze Zubehör haben wir aufgrund des kurzen Ausflugs verzichtet –, können wir gegen Mitternacht nicht einschlafen. Es ist einfach zu hart, ständig schlafen Körperteile ein – und der Körper selbst ist wieder wach. Die Schulter tut weh, der Rücken auch. Wenn einer sich umdreht, wird der andere wach, weil jede Bewegung einen Zusammenstoß provoziert. Um halb sechs ist die Nacht für uns vorbei, wir freuen uns auf unser eigenes Bett zu Hause.Das tue ich auch, geschlafen habe ich trotzdem wie ein Stein. Der Sprung in den See, an den mein Campingplatz grenzt, hat mich wohlig ermattet zurückgelassen. Ins Autobett muss ich mich dann früher als geplant zurückziehen, da ein Sommergewitter die schwüle Augustluft vertreibt. Es kühlt auf angenehme 17 Grad herunter, perfekte Schlummertemperatur. Als dann die Regentropfen immer sanfter aufs Dach prasseln, mümmle ich mich in meinen Schlafsack und weg bin ich – bis zum nächsten Morgen.Akt V und Fazit: Für wen lohnt sich die Schlafkiste im Kofferraum?Als reiner Pkw ohne die Campingbox im Kofferraum ist der Dacia Jogger perfekt für Familien: viel Platz auf allen Sitzplätzen, ein geräumiger Kofferraum, solide Innenausstattung. Soll der Wagen zum Campen genutzt werden, muss für die Familie auf jeden Fall die weitere Zusatzausrüstung inklusive Vorzelt zum Preis von 560 Euro her – mehr als zwei Personen sollten auf keinen Fall auf der 1,30 Meter breiten Klappmatratze im Kofferraum nächtigen.Für minimalistische Pärchen ohne große Ansprüche reicht auch nur die Campingbox. Wer nur mal eine Nacht am See oder auf dem Festival verbringen will, für den ist der Wagen ideal. Für den Alltag ohne Kinder und Campingbox ist der Wagen für Paare allerdings recht groß.Gleiches gilt für Singles. Im normalen Leben braucht es nicht so viel Platz, für den Campingtrip hingegen bietet der Dacia Jogger fast schon Luxus, wenn es nur ums Schlafen geht. Für längere Aufenthalte müsste man ein Vorzelt und mehr Ausrüstung mitnehmen (Stauraum gibt es ja unterhalb des Betts). Schließlich will man sich nicht bei jedem Regenschauer ins Bett verkriechen müssen.Pros:+leichter Aufbau des Campingmoduls+harte Matratze (wer's mag) +günstiger PreisContras:-hoher Spritverbrauch-harte Matratze (wer's nicht mag) -wenig Leistung fürs Gewicht des Wagens