Autonomes Fahren: Ford erhält Freigabe für teilautonome Fahrfunktion
Ford darf nun auch in Deutschland Autos mit einer Funktion zum teilautonomen Fahren verkaufen. Auf bestimmten Strecken muss der Mensch nicht mehr lenken.Bis hierzulande Robotaxis durch die Straßen rollen, sind noch viele Hürden zu nehmen. Die Industrie hat sich dabei auf fünf Entwicklungsstufen geeinigt, die sich erheblich in ihrer technischen Komplexität und Leistungsfähigkeit unterscheiden. Hinzu kommen Sicherheitsauflagen der Behörden, die weltweit nicht einheitlich geregelt sind.Ford macht nun einen Schritt nach vorn: Das Kraftfahrt-Bundesamt hat dem US-Autobauer die Freigabe für die sogenannte Blue-Cruise-Technologie gegeben. Das System, das bereits seit Jahren in den USA im Einsatz ist und auch in Großbritannien seit dem Frühjahr zur Verfügung steht, kommt in Kürze in Deutschland auf den Markt. Es ermöglicht grundsätzlich das bereits bei anderen Volumenmarken weit verbreitete teilautomatisierte Fahren nach Stufe 2. Normalerweise können solche Fahrzeuge auf Schnellstraßen selbständig die Spur halten und den Abstand zum vorausfahrenden Verkehr regeln. Doch das Ford-System kann noch mehr: Auf bestimmten Autobahnabschnitten darf der Fahrer jetzt seine Hände dauerhaft vom Lenkrad nehmen und sich chauffieren lassen. Ein Feature, das bisher nur bei Premiummarken zu finden ist. "Weltweit erfasste Daten aus mehr als einer Million Testkilometern bildeten die Basis für eine erfolgreiche Zulassung in Deutschland", sagte Ford-Manager Torsten Wey.In den USA und in Kanada hätten bereits 194.000 Fahrzeuge der Marken Ford und Lincoln insgesamt 175 Millionen Kilometer im Blue-Cruise-Modus zurückgelegt, heißt es von Ford.So funktioniert das SystemIm Kartenmaterial des Navis hinterlegt sind mit virtuellen Zäunen abgesteckte Bereiche, sogenannte Blue Zones, in denen das System die Funktion des teilautonomen Fahrens grundsätzlich freigibt. Rund 95 Prozent aller Autobahnkilometer in Deutschland zählen dazu. Ausgeschlossen sind Strecken mit unzureichenden Fahrbahnmarkierungen, Tunnelabschnitte oder Autobahnkreuze.Aktiviert der Fahrer das System über die adaptive Geschwindigkeitsregelung, übernimmt das Auto das Steuer, sobald es das unmittelbare Umfeld samt Fahrbahnbegrenzung und Verkehr sicher erfasst hat. Die Maschine signalisiert dann über das digitale Kombiinstrument unmissverständlich: "Jetzt übernehme ich!"Doch damit sind die Menschen hinterm Lenkrad nicht von ihren Pflichten entbunden: Bei "Blue Cruise" müssen sie den Verkehr weiter im Blick haben. Schlafen sie ein oder surfen sie auf dem Smartphone im Internet, erkennt das eine Infrarotkamera und es erklingt ein Warnton. Der wird lauter. Reagiert der Fahrer immer noch nicht, bremst das Auto etwas ab. Bleibt eine adäquate Reaktion aus, bringt das System das Auto sogar zum Stehen.Auch Überholvorgänge muss der Mensch noch durch Blinker setzen und aktiven Lenkeingriff selbst steuern. Eine Funktionserweiterung, die auch diese Situation automatisiert meistert, hat Ford in den USA bereits im Einsatz. Aber schon die deutsche Light-Version bringt Pendler mit Händen im Schoß entspannter durch den dichten Berufsverkehr.Konservatives und defensives VerhaltenUm die Kundenakzeptanz zu steigern, hat sich Ford für eine konservative Auslegung entschieden. Das System funktioniert nur bis 130 km/h, passt das Tempo automatisch an die geltenden Limits oder sich nähernden Kurven an und hält einen größeren Abstand ein, sobald man an einem etwas breiteren Lkw vorbeifährt. Ganz so, wie es üblicherweise dem Verhalten von Autofahrern entspricht.Vorerst nur in einem Modell erhältlichZunächst ist die Blue-Cruise-Funktion nur im Elektro-Sportwagen Mustang Mach-E zu haben, in einigen Wochen können Kunden entsprechende Bestellungen aufgeben. Die Funktion wird als monatliches Zusatzabonnement für alle neuen Mustang Mach-E angeboten. Ältere Mustang Mach-E-Modelle lassen sich mithilfe eines Over-the-Air-Updates mit Blue Cruise aufrüsten. Voraussetzung ist das optionale Tech-Pack. Über die genaue Kostenstruktur für Deutschland schweigt man sich noch aus. Britische Kunden müssen nach einer kostenfreien Probephase von 90 Tagen umgerechnet 21 Euro monatlich für dieses Komfortfeature bezahlen.Experte: "Die Konkurrenz ist schon weiter"Branchenexperten reagierten verhalten auf die Ankündigung. "Für Ford ist das ein kleiner Schritt nach vorne, aber die Konkurrenz ist schon weiter", sagte Ferdinand Dudenhöffer vom Duisburger Center Automotive Research (CAR). Während man bei Ford den Verkehr noch aufmerksam verfolgen müsse, sei das zum Beispiel bei Mercedes nicht mehr nötig, so der Branchenkenner. Die zentrale Frage sei, was das Feature bei Ford kosten werde. "Wenn der Preis zu hoch ist, wird das kaum Resonanz finden, weil es nur wenig Erleichterung für den Fahrer bringt."