Klimakrise in Griechenland: Wassermassen übertreffen Vorhersagen
Wo es neulich noch brannte, verwandeln sich nun Bäche in reißende Flüsse: In Griechenland sind die Folgen der Klimakrise in diesen Tagen besonders spürbar. Auch weitere Länder sind betroffen.Gerade noch steht ein leerer Reisebus am Straßenrand geparkt, plötzlich kippt das große Gefährt einfach zur Seite und versinkt im Schlamm, weil der Regen die Straße weggespült hat: Die Wassermassen, die das Sturmtief "Daniel" seit Montagabend über Mittelgriechenland ausschüttet, übertreffen alle Vorhersagen.Autos werden von den Fluten einfach weggetragen, wie zahlreiche Videos der Bürger in sozialen Netzwerken und griechischen Medien zeigten. Menschen werden mit Schlauchbooten aus ihren Häusern gerettet, etwa in der Hafenstadt Volos, wo das Wasser am Dienstag zum Teil hüfthoch vorbeifloss. Und es soll weiterhin stark regnen, mindestens bis Donnerstag.Ein Mann kam ums Leben, als das Wasser eine Mauer zum Einsturz brachte, ein Mensch wird nach Angaben der Feuerwehr noch vermisst. Die Schäden sind schon jetzt enorm, die Wassermengen sind es auch – und es regnet weiter.Vergleich zur Flutkatastrophe im AhrtalDer Deutsche Wetterdienst verglich das Sturmtief "Daniel" mit der Flutkatastrophe vom Ahrtal, es sei aber noch schlimmer: Bis Donnerstag könnten in Mittelgriechenland örtlich 500 bis 1.500 Liter Regen je Quadratmeter fallen. "Das entspricht grob überschlagen der Jahresniederschlagssumme Deutschlands", hieß es beim DWD.Die vorhergesagte Dauer ähnele der Situation bei Tief "Bernd", das im Juli 2021 zum Ahrtal-Hochwasser führte – wobei die Niederschlagsmenge in Griechenland jene des Ahrtals bis zum Sechsfachen übersteigen könne. Die erwarteten Regenfälle seien so stark, dass die Wettervorhersagemodelle Probleme bei der Prognose hätten. Zumal der Regen mit schweren Gewittern einherging, die ohnehin schwieriger zu prognostizieren seien.Und es gewitterte reichlich in der Nacht zum Dienstag: Allein in den Städten Larisa und Volos wurden laut Feuerwehr binnen zwei Stunden 12.000 Blitze gezählt. Auf der Insel Korfu fiel der Strom aus und es gab Probleme beim Betrieb des dortigen Flughafens. Auf den Sporadeninseln Skiathos, Skopelos und Alonnisos blitzte und donnerte es zeitweise im Sekundentakt, es kam zu Erdrutschen. In der Region Elis im Westen der Halbinsel Peloponnes vernichtete Hagel Teile der anstehenden Olivenernte.Fahrverbote wegen ÜberschwemmungenVielerorts fiel der Strom aus, im Laufe des Dienstags waren in den betroffenen Regionen teilweise auch die Handynetze und das Internet beeinträchtigt oder funktionierten gar nicht. Wegen der andauernden Regenfälle und Überschwemmungen ordnete der Zivilschutz örtlich Fahrverbote an, unter anderem für die Bewohner der Hafenstadt Volos und der Sporaden-Insel Skiathos. An der Küste Euböas wurde eine beeindruckende Wasserhose gefilmt.Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis rief die Bürger am Dienstag vor Journalisten dazu auf, den Anordnungen des Zivilschutzes Folge zu leisten. Es sei äußerst schwierig, solche extremen Phänomene ohne die Mitarbeit der Menschen zu bewältigen. "Wenn der Katastrophenschutz die Bürger auffordert, zu Hause zu bleiben, dann sollten sie das auch tun", sagte Mitsotakis.Griechische Medien sprachen angesichts der Unwetter, die das Land nur kurz nach den schweren Waldbränden des Sommers treffen, von "biblischen Katastrophen".Unwetter auch in BulgarienAuch in Bulgarien wüteten Starkregen und Unwetter. Zwei Menschen kamen an der südlichen Schwarzmeerküste ums Leben. Weitere drei Menschen wurden vermisst, wie der Fernsehsender bTV am Dienstag unter Berufung auf die Behörden berichtete. Hotels und Häuser am Schwarzen Meer wurden den Berichten zufolge vom Dauerregen überschwemmt.Die Behörden riefen im Raum Zarewo den Notstand aus, nachdem der Fluss Weleka über die Ufer getreten war. Straßen waren demnach überschwemmt, Autos standen im Wasser. Brücken wurden von den Fluten mit sich gerissen. Mehrere Badeorte waren von der Außenwelt abgeschnitten, da Landstraßen wegen des Wassers nicht befahrbar waren.Auch mehrere Campingplätze in der Region waren überflutet, bei starkem Wind wurden Autos und Wohnwagen Berichten zufolge ins Meer getrieben. Urlauber wurden in Sicherheit gebracht. Im Badeort Sinemorez brach die Stromversorgung zusammen. Die Einwohner des Dorfes Kosti wurden evakuiert. In der Kleinstadt Zarewo riefen die Behörden die Menschen auf, sich zu höher gelegenen Plätzen zu begeben.Tote und Vermisste in der TürkeiAuch die Türkei kämpft mit Extremwetter. Mindestens vier Personen sind dabei bislang ums Leben gekommen. In Istanbul starben nach Angaben des Gouverneurs zwei Menschen. Zwei weitere kamen in der Stadt Kirklareli im Nordwesten des Landes ums Leben, wie der Rettungsdienst mitteilte. Vier Personen werden demnach außerdem vermisst.Im Westen des Landes wurden durch Starkregen zahlreiche Häuser überschwemmt. Dabei seien in der westtürkischen Provinz Kirklareli nahe der Grenze zu Griechenland und Bulgarien auch Bungalows einer Ferienanlage von den Fluten mitgerissen worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Dienstag.Am Vortag habe es zudem schwere Unwetter im südwesttürkischen Mugla gegeben. Dort hätten Einschläge von Blitzen an 36 verschiedenen Orten Brände verursacht, so Anadolu. Zudem hatte es bereits am Wochenende in der Schwarzmeerregion Überschwemmungen gegeben. Die Katastrophenschutzbehörde Afad warnte am Dienstag vor weiteren Unwettern im Westen und Südwesten der Türkei. Es könne zu Sturzfluten, Blitzeinschlägen und Sturm kommen.Mitte August hatte den Menschen in der Türkei noch eine Hitzewelle zu schaffen gemacht. Die Temperaturen lägen im Osten des Landes zurzeit über den zur Jahreszeit üblichen Werten, im Rest des Landes seien sie nun im Normalbereich, teilte die Wetterbehörde mit.Öfter Extremwetter durch KlimakriseDie Klimakrise erhöht Experten zufolge die Wahrscheinlichkeit extremer Wetterereignisse wie diesen. Dazu gehören mitunter große Hitze, Dürren, schwere Stürme, verheerende Waldbrände und tödliche Überschwemmungen. Letztere hatten in Spanien in den vergangenen Tagen ebenfalls Menschenleben gekostet.Die Vereinten Nationen (UN) bezeichnen den Klimawandel als langfristige Veränderungen der Temperaturen und Wettermuster, die seit dem 19. Jahrhundert "hauptsächlich auf menschliche Tätigkeiten zurückzuführen" seien – diese sind nach UN-Angaben vor allem die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas.