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Terroranschlag bei Moskau: Was zur Tat bekannt ist

Die USA hatten bereits vor einem Terrorangriff gewarnt und es gibt ein IS-Bekennerschreiben - doch in Russland zweifelt man. Warum? Und welche Folgen sind zu erwarten? Beim schlimmsten Terroranschlag in Russland seit Jahren hat es in einem Veranstaltungszentrum bei Moskau mehr als 130 Tote und über 150 Verletzte gegeben. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat nach eigenen Angaben elf Verdächtige festgenommen, darunter auch vier mutmaßlich direkt an der Tat beteiligte Schützen. Die Terrormiliz Islamischer Staat reklamiert das Verbrechen für sich. Zur Lage nach der Attacke und zu den Folgen einige Fragen und Antworten: Was ist in der Crocus City Hall und danach passiert? Der Anschlag ereignete sich in Krasnogorsk im Nordwesten von Moskau in dem beliebten Veranstaltungszentrum Crocus City Hall. Dort gibt es auch eine Konzerthalle mit mehr als 6000 Plätzen, wo am Freitagabend die russische Band Piknik auftreten sollte. Kurz vor 20.00 Uhr Ortszeit (18.00 Uhr MEZ) fuhr dort laut Augenzeugen ein weißes Auto vor. Daraus stiegen bewaffnete Männer und eröffneten mit Kalaschnikows das Feuer auf Wachpersonal und Besucher. Die vier direkt beteiligten Schützen sollen sich keine halbe Stunde im Gebäude aufgehalten haben. In der Konzerthalle legten sie laut Augenzeugen auch Feuer mit Benzin. Danach konnten die Täter in dem Auto fliehen. Der Wagen wurde dann nach offiziellen Angaben im Gebiet Brjansk bei einer Verfolgungsjagd gestoppt. Es gab mehrere Festnahmen. Was ist über die mutmaßlichen Täter bekannt? Insgesamt spricht der russische Inlandsgeheimdienst von elf Festgenommenen. Die Rede ist von "Ausländern". Im Fluchtwagen lagen nach offiziellen Angaben auch Waffen und tadschikische Pässe. In den russischen Staatsmedien und sozialen Netzwerken kursieren Videos und Fotos, auf denen die mutmaßlichen Täter zu sehen sein sollen - und auch befragt werden zu ihrer Person. Die Echtheit der Videos konnte zunächst nicht überprüft werden. Der Moskauer Staatspropaganda zufolge soll es sich um Männer aus der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Tadschikistan handeln, die sich für die Tat hätten kaufen lassen, so der Vorwurf. Sie seien keine religiösen Fanatiker und hätten auch keine Sprengstoffgürtel getragen, hieß es aus Russland weiter. Die Angaben waren zunächst nicht zu überprüfen. Tadschikistan, das an Afghanistan grenzt, ist zwar bekannt als Rückzugsort islamistischer Terroristen. Unklar war aber, ob es sich bei den Festgenommenen tatsächlich um Staatsbürger von Tadschikistan handelt. Tadschikistan wies dies etwa zurück. Ein Gericht in Moskau erließ am Abend die ersten Haftbefehle gegen mutmaßliche Akteure. Das Ermittlungskomitee habe vier Tatverdächtige nach den Verhören bereits informiert, dass gegen sie Anklage wegen des gemeinschaftlich verübten tödlichen Terroranschlags erhoben werde, berichtete die Staatsagentur Tass. Insgesamt waren nach der Tat elf Verdächtige festgenommen, vier von ihnen gelten als die eigentlichen Todesschützen. Was ist zum Bekennerschreiben des Islamischen Staats bekannt? Kurz nach dem Terrorangriff reklamierte die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) auf ihrem Propagandakanal Amak den Anschlag für sich. Einen Tag später veröffentlichte der IS dann ein verpixeltes Foto der angeblichen Angreifer. Experten halten die Bekennerschreiben für authentisch. Bisher waren schwere IS-Anschläge auf russische Ziele selten. Seit einigen Jahren haben die Islamisten aber auch Moskaus Politik auf dem Radar. In früheren Ansprachen warf die Terrorgruppe Russland etwa vor, muslimisches Blut vergossen zu haben. Insbesondere in Afghanistan wiegt das Erbe der sowjetischen Intervention vor 45 Jahren immer noch schwer. Ein wichtiges Motiv für den Angriff sehen Experten aber auch in Wladimir Putins Militäreinsatz in Syrien . Der Kremlchef gilt als wichtigster Verbündeter des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Russland bombardierte immer wieder Stellungen der Islamisten, um Assad zu stützen. Der IS warnte nach dem Terroranschlag vom Freitag "Russland und seine Verbündeten", dass die Kämpfer des IS ihre "Rache nicht vergessen" würden. Der Angriff habe "Tausenden Christen in einer Musikhalle" gegolten, hieß es in einer Mitteilung. Wer steckt hinter dem IS-Khorasan? Laut US-Medienberichten soll ein regionaler Ableger der Terrormiliz, der ISPK, mit seinen ursprünglichen Rückzugsgebieten in Afghanistan verantwortlich für die Attacke bei Moskau sein. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht entsprechende Hinweise darauf. In Afghanistan tauchte die Terrorgruppe erstmals 2015 auf, wo sie im Grenzgebiet zu Pakistan eine "Provinz" namens Khorasan errichten wollte. Khorasan bezeichnet eine Region im antiken Persien, die sich damals über weite Teile des heutigen Afghanistans, Irans, und Turkmenistans erstreckte. Die Gruppe gilt als Drahtzieher verheerender Anschläge, darunter etwa der Selbstmordanschlag im Iran Anfang Januar mit fast 100 Toten. Auch ein Angriff vor der russischen Botschaft in Kabul im Herbst 2022 soll auf das Konto des ISPK gehen. In Deutschland wurden in der vergangenen Woche zwei mutmaßliche Islamisten des IS-Ablegers festgenommen. Sie sollen einen Anschlag auf das schwedische Parlament geplant haben. Auch die stark erhöhten Schutzmaßnahmen der Sicherheitsbehörden in Köln rund um Weihnachten und Silvester hätten laut Faeser dem Schutz vor möglichen Anschlagsgefahren des Ablegers gegolten. Wie die regionalen Terrorzellen des IS heute genau agieren und wer sie finanziert, ist unbekannt. Die Gruppe hat keinen erkennbaren Anführer und kein zentrales Hauptquartier. Auch deshalb sind sich Analysten uneinig darüber, wie groß die internationalen Ambitionen des regionalen IS tatsächlich sind. Welche anderen Versionen gibt es zu dem Terroranschlag? Russische Staatsmedien und Propagandisten sehen hingegen die Drahtzieher beim ukrainischen Geheimdienst in Kiew . Dort sollen Experten mit Kontakten in die islamistische Szene den Anschlag in Auftrag gegeben haben. Die nun gefassten Verdächtigen sollen geglaubt haben, es mit dem IS zu tun zu haben, so die Behauptungen. Kremlchef Putin sieht auch eine ukrainische Spur. Er warf Kiew etwa vor, einen Fluchtweg für die Täter in de Ukraine organisiert zu haben. Kiew wies das zurück. Auch internationale Experten halten die Vorwürfe Russlands für abwegig, Beweise legte Russland für die Behauptungen nicht vor. In der Vergangenheit stand Putin auch immer wieder im Verdacht, er lasse Terroranschläge von seinen Geheimdiensten organisieren, um selbst daraus politischen Nutzen zu schlagen. Diesen unter anderem auch von Medien in Kiew verbreiteten Vorwurf wies Moskaus Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa scharf zurück. Wie konnte es in Russland zu solch einem Terroranschlag kommen? Für Putins Inlandsgeheimdienst FSB ist der Anschlag ein großes Desaster, weil er für einen durchorganisierten Überwachungsstaat, totale Kontrolle und Sicherheit steht. Immer wieder verkündet der FSB die Festnahme angeblicher Terroristen und die Vereitelung von Anschlägen. Putin selbst brauchte 19 Stunden, um sich in einer persönlichen Videobotschaft an seine Landsleute zu wenden. Erklärungen, wie es trotz aller Sicherheitsvorkehrungen dazu kommen konnte, blieb er aber schuldig. Putin hatte in dieser Woche bei einer Rede vor dem FSB jüngste Warnungen der USA und anderer Staaten vor einem bevorstehenden Terroranschlag in den Wind geschlagen. Solche Provokationen nutze der Westen, um die Lage in Russland zu destabilisieren, behauptete er. Welche Folgen sind nach dem Terroranschlag zu erwarten? Die Folgen nach solchen Terroranschlägen sind in Russland immer weitreichend. Besonders prominent sind nun neue Forderungen auch aus der Kremlpartei Geeintes Russland, die Todesstrafe wieder einzuführen, um Täter stärker abzuschrecken. Zu erwarten ist, dass die Sicherheitsvorkehrungen deutlich verschärft werden. Putin könnte den Anschlag auch nutzen, um politische Repressionen zu verstärken. Und er könnte in seinem seit zwei Jahren andauernden Angriffskrieg gegen die Ukraine den Einsatz noch einmal deutlich erhöhen. Spekuliert wird in Moskau auch über eine neue Mobilmachung von Reservisten, um in der Ukraine weitere Gebiete schneller einzunehmen.