Schweres Erdbeben in Taiwan: Tote und mehr als 1.000 Verletzte
Taiwan wurde von einem heftigen Erdbeben erschüttert – mit verheerenden Folgen. Die aktuellen Informationen im Überblick. Ein heftiges Erdbeben vor der Ostküste Taiwans hat mehrere Tote, Tausende Verletzte und erhebliche Schäden zur Folge. An diesem Donnerstag informierte die Notfall-Leitstelle über weitere Entwicklungen, während in den betroffenen Gebieten die Rettungs- und Aufräumarbeiten fortgesetzt wurden. Taiwans Ministerpräsident Chen Cien-jen ließ den Landkreis um Hualien zum Katastrophengebiet erklären. Das Verteidigungsministerium und die Feuerwehr wollten das Gebiet mit Aufklärungsdrohnen nach Vermissten und Menschen in Not absuchen. Ein Überblick über die aktuelle Lage: Was ist passiert? Das Beben trat am Mittwochmorgen (Ortszeit) wenige Kilometer vor der Ostküste Taiwans auf. Die Wetterbehörde registrierte an der südöstlichen Küste der Insel bei der Stadt Hualien in einer Tiefe von 15,5 Kilometern eine Bebenstärke von 7,2. Die Erdbebenwarte in den USA (USGS) gab eine Stärke von 7,4 in dem Gebiet an. In Japan sprachen die Behörden laut Medienberichten sogar von einer Stärke von 7,7. Der Direktor des seismologischen Zentrums in Taipeh, Wu Chien-fu, sprach vom stärksten Erdbeben seit 25 Jahren. Die Erde bebte gegen acht Uhr morgens Ortszeit, als viele Menschen sich gerade auf den Weg zur Arbeit oder zur Schule machten. "Es war das schwerste Erdbeben, das ich je erlebt habe", sagte die Betreiberin einer Pension in der Stadt Hualien. Sie habe sich sehr bemühen müssen, ihre verängstigten Gäste zu beruhigen. Was ist der neueste Stand bei den Toten und Verletzten? Eine große Gruppe eingeschlossener Bergarbeiter wurde in Sicherheit gebracht. Wie die Feuerwehr mitteilte, konnten die 64 Arbeiter aus einem Steinbruch im Osten der Insel kurz nach Donnerstagmittag (Ortszeit) in Sicherheit gebracht werden. Zuvor hatten Rettungskräfte bereits sechs Arbeiter, die in einem anderen Steinbruch festsaßen, per Hubschrauber aus dem Gebiet gebracht. Aus der Gegend an der Ostküste Taiwans, vor der das Epizentrum des Bebens lag, wurden bislang neun bekannte Todesopfer gemeldet. Zudem stieg die Zahl der verletzten Menschen auf 1.058. Zu rund 50 Vermissten besteht den Angaben zufolge weiterhin kein Kontakt. Ungefähr 100 Menschen saßen noch fest, etwa weil ihre Autos in Tunneln eingeschlossen wurden. Um ihr Leben bangen müssen sie den Angaben nach aber nicht. Stand Donnerstagvormittag zählten die Behörden neben dem schweren Erdbeben noch 314 Nachbeben in der Region. Was sind die Folgen des Erdbebens? Wichtige Infrastruktur wurde durch die Erschütterungen in Mitleidenschaft gezogen. Das Beben war landesweit zu spüren. In der am stärksten betroffenen Stadt Hualien wurden Gebäude durch die heftigen Erdstöße teils schwer beschädigt. Auf Fotos war zu sehen, wie mehrere Häuser einsackten und in Schieflage gerieten. Innerhalb von acht Stunden nach dem Beben wurden dort insgesamt mehr als 100 Nachbeben registriert. Laut Augenzeugen war das Beben auch in und um die Hauptstadt Taipeh deutlich zu spüren. In Neu-Taipeh, das die Hauptstadt umschließt, wurden demnach drei Menschen verletzt, als ein Lagerhaus einbrach. Bewohner der Hauptstadt berichteten, dass in ihren Häusern und Wohnungen Einrichtungsgegenstände und Geschirr zu Bruch gingen. Der öffentliche Nahverkehr auf der Schiene wurde in mehreren großen Städten der Insel mit mehr als 23 Millionen Einwohnern eingestellt. Auch der Schnellzugverkehr wurde unterbrochen. Das Beben hatte auch Auswirkungen auf die Wirtschaft: Taiwans wichtiger Halbleiter-Hersteller TSMC etwa hielt die Produktion an, wie die Behörde des Industrieparks der Stadt Hsinchu mitteilte. Die Firma evakuierte laut Berichten Arbeiter während des Bebens aus der Produktion. Auch andere Betriebe stoppten die Arbeit vorübergehend. Der staatseigene Energieversorger berichtete zwischenzeitlich von mehr als 308.000 Haushalten in Taiwan , bei denen mit dem Beben der Strom ausfiel. Die Versorgung wurde inzwischen in den meisten Haushalten wiederhergestellt. Sind Deutsche betroffen? Nach dem Erdbeben waren laut offiziellen Angaben zwei deutsche Staatsbürger in einem Tunnel eingeschlossen worden. Kurzzeitig wurde auch eine weitere Gruppe Deutscher vermisst. Laut dem Auswärtigen Amt seien die 18 Personen mittlerweile aber wieder da und es gehe ihnen den Umständen entsprechend gut. Wenig später wurden sie befreit und in Sicherheit gebracht. Der Vorfall ereignete sich demnach im Chongde-Tunnel, der im Taroko-Nationalpark liegt. Hier lesen Sie mehr dazu . Sind weitere Länder betroffen? Über mehrere Stunden warnten Taiwan, China , Japan und die Philippinen vor Tsunamis, ehe die Warnungen zunächst gelockert und später aufgehoben wurden. Im nordöstlich von Taiwan gelegenen Japan löste das Erdbeben eine Warnung vor einem drei Meter hohen Tsunami für nahegelegene Inseln der südwestjapanischen Präfektur Okinawa aus. Die Bewohner der betroffenen Inseln wurden aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen. Auf den Philippinen gaben die Behörden ebenfalls eine Tsunami-Warnung heraus. Es würden hohe Tsunami-Wellen erwartet, die stundenlang andauern könnten, teilte das nationale Institut für Vulkanologie und Seismologie mit. Menschen in mehreren Provinzen des Inselstaates wurden aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen und die Küstenregionen zu verlassen. Im Nachbarland China, das Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet, war das Erbeben ein Hauptthema in den Nachrichten des Staatsfernsehens. Die chinesischen Behörden seien über die Lage sehr besorgt, sagte die Sprecherin des chinesischen Büros für Taiwan-Angelegenheiten, Zhu Fenglian, in Peking . Das Festland beobachte die Situation und sei bereit, Katastrophenhilfe anzubieten. Ob Taiwan die Hilfe Chinas annehmen wird, ist offen. Zwischen den beiden Staaten gibt es immer wieder Spannungen wegen Pekings Gebietsanspruch, obwohl es in Taiwan seit Jahrzehnten eine unabhängige und demokratisch gewählte Regierung gibt. Gab es in der Vergangenheit ähnliche Vorfälle? Zuletzt wurde Taiwan im September 1999 von einem Beben der Stärke 7,3 getroffen. Damals kamen mehr als 2.400 Menschen ums Leben. Taiwan liegt in einer erdbebengefährdeten Zone auf der Grenze der Eurasischen Platte und der Philippinischen Meeresplatte. In Japan gibt es jedes Jahr etwa 1.500 Erschütterungen. Das bisher schwerste Erdbeben im Land wurde im März 2011 mit einer Stärke von 9,0 vor der Nordostküste des Landes verzeichnet. Es löste einen Tsunami aus, durch den rund 18.500 Menschen ums Leben kamen oder vermisst wurden. Die Naturkatastrophe hatte zudem den Ausfall des Kühlsystems im AKW Fukushima Daiichi zur Folge; in drei der sechs Reaktoren kam es zur Kernschmelze.