Wissing im TV: Minister spart nicht mit Eigenlob – Publikum reagiert
Bei Sandra Maischberger fordert Volker Wissing billigere Elektroautos und sieht deutliche Fortschritte bei der Digitalisierung. Die Moderatorin widerspricht. Die kleine Schuldzuweisung konnte er sich dann doch nicht verkneifen. Als Sandra Maischberger den Verkehrsminister zu Beginn des Interviews damit konfrontierte, dass der Verkauf von Elektroautos in Deutschland im ersten Quartal 2024 um 14 Prozent eingebrochen sei und im Einspieler einen Händler zeigte, der dafür die abrupte Streichung der staatlichen Förderung im vergangenen Dezember verantwortlich machte, erklärte Wolker Wissing, dies sei eine Entscheidung, "die Robert Habeck verantwortet". Erst danach gab der FDP-Ressortchef zu, dass "immer klar war, dass das auslaufen wird", und dass auch er es im Grunde nicht richtig findet, "wenn wir dauerhaft Fahrzeuge fördern". Die Gäste: Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Bundesaußenminister und Parteivorsitzender Vitali Klitschko, Bürgermeister von Kiew (zugeschaltet) Tina Hassel, Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios Gregor Peter Schmitz, "Stern"-Chefredakteur Susanne Gaschke, Autorin ("Neue Zürcher Zeitung") Der Liberale forderte von den Autoherstellern günstigere Angebote und machte sich für einen Ausbau der Ladeinfrastruktur stark. "Wichtig ist, dass wir Laden so einfach machen wie Tanken", so Wissing. Deswegen bringe er nun einen Gesetzentwurf ins Kabinett ein, demzufolge jede größere Tankstelle ab 2028 eine E-Ladesäule vorhalten solle. Der Minister zeigte sich "sehr zuversichtlich", das Ziel, bis 2030 15 Millionen E-Autos auf die Straße zu bringen, erreichen zu können. Er räumte allerdings ein: "Wir haben in Deutschland 45 Millionen Verbrennerfahrzeuge im Verkehr." Deswegen sei die Senkung der CO2-Emissionen in diesem Bereich "eine Herkulesaufgabe", die sich mit E-Mobilität allein nicht lösen lasse. Wissing plädierte dafür, Verbrenner auch nach 2035 zuzulassen, "wenn sie mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden". Für den Erhalt dieser Option habe er sich auf europäischer Ebene starkgemacht, weil nur mehrere Technologien im Wettbewerb zu günstigeren Preisen führten. Maischberger spricht die Misere bei der Deutschen Bahn an Weil E-Fuels aber doch noch Zukunftsmusik sind, wollte Sandra Maischberger nun lieber auf die ganz reale Misere bei der Deutschen Bahn zu sprechen kommen. Wann er glaube, dass diese wieder zuverlässig funktioniere, wandte sie sich an den Minister. "Wir haben bei der Bahn ein Infrastruktur-Problem", räumte Wissing in erstaunlicher Offenheit ein, "unsere Schienen sind in die Jahre gekommen und bröseln." Natürlich beeilte er sich hinzuzufügen, dass die Sicherheit trotzdem gewährleistet sei. Der FDP-Mann verwies auf die laufende Erneuerung des Netzes, nach der Fußball-EM beginne etwa die Sanierung der Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt am Main , bis Weihnachten solle sie abgeschlossen sein. "Sie haben nur 31 Milliarden statt benötigter 45 Milliarden bis 2027", insistierte die Moderatorin, "brauchen Sie ein Sondervermögen Bahn?" Davon wollte der Liberale nichts wissen. Perspektivisch müsse man zwar noch zulegen, im Augenblick aber fehle es nicht an Geld: "Mehr, als wir dieses Jahr an Sanierungsleistung umsetzen, kann man nicht umsetzen. Die Bahn hat, was sie braucht." Niemand wolle neben der Riedbahn noch einen weiteren Korridor sperren, auch die deutsche Bauindustrie komme hier an ihre Grenzen. Wissing sieht Deutschland bei KI vorne Nicht folgen mochte der Digitalminister auch Maischbergers eigenen Erfahrungsberichten über Funklöcher in Deutschland: "Da haben wir kräftig aufgeholt: 97 Prozent Abdeckung mit 4G, 92 Prozent Abdeckung mit 5G, Verdoppelung der Glasfaser …" Im Ausland werde er gefragt: "Wie konnten Sie so schnell aufholen?" Das Publikum im Studio applaudierte ob des Eigenlobs des Ministers. Maischberger widersprach der fantastischen Bilanz Wissings zwar, doch der hielt dagegen: "Man muss aufpassen, dass man sich nicht an das zurückerinnert, was mal war." Lediglich das Problem Mobilfunk abschirmender Scheiben in den Zügen wollte er einräumen. Derart optimistisch gestimmt, konnte dem Minister nicht mal ein eingespieltes KI-generiertes Fake-Satirevideo seines Parteivorsitzenden Christian Lindner die Laune verderben. "Deutschland ist einer der führenden KI-Standorte auf der Welt", so Wissing, auf diese Stärke gelte es sich zu konzentrieren. Bei KI brauche es Transparenz und Kennzeichnung. Natürlich sei die Technologie mit Risiken verbunden, könne genutzt werden, um Cyberangriffe zu starten und Menschen zu manipulieren, so Wissing. Man könne mit ihr aber auch Fortschritte in der Medizin erzielen oder Fachkräfteprobleme überwinden. "Deswegen brauchen wir so viel Regulierung wie nötig, aber eben auch ein Umfeld, das uns hilft, KI bei uns weiterzuentwickeln."