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Umstrittener Plan: Marburg will Bürgern "Auto-weg"-Prämie zahlen

Eine Stadt will in Sachen Verkehrswende und Klimaschutz vorangehen. Sie hat auch einen Plan. Doch gegen den regt sich nun Widerstand. Was würden Sie tun, um Ihr Auto für ein Jahr abzustellen? Verzeihen Sie die provokante Frage, liebe Leser. Aber genau die haben sich die Stadtväter im hessischen Marburg zuletzt immer wieder gestellt. Sie haben lange mit sich gerungen und nun einen Plan vorgestellt, mit dessen Hilfe den Bürgern der Verzicht auf das Auto schmackhaft gemacht werden soll. Marburg soll nämlich vom Autoverkehr entlastet werden. In manchen Ländern wäre das längst keine Provokation mehr. Erst recht würde es keinen Aufschrei oder Protestinitiativen geben. Nicht so im Autofahrerland Deutschland. Hier spaltet die Frage die Bevölkerung. Da sind jene, die gern weniger Lärm, Feinstaub und Umweltbelastung hätten. Und da sind die anderen, für die die individuelle Freiheit auf der Autobahn verteidigt wird. Marburgs "Stadtautobahn", die Bundesstraße B3, sorgt übrigens für erhebliche gesundheitliche Belastungen und ist unter den Bürgern ein andauerndes Streitthema. Am Sonntag wird nun in Marburg in einem Bürgerentscheid über den Plan der Stadtregierung mit dem Namen "MoVe35" abgestimmt. Er sieht vor, jenen Marburgern, die ihr Auto freiwillig für ein Jahr abstellen, eine Prämie erhalten. Bis zu 1.250 Euro soll diese betragen. Ausgezahlt werden soll sie nicht in bar, sondern als Guthaben, etwa für das Deutschlandticket oder Carsharing-Angebote. Auch die Unternehmer in der Region sollen von der Prämie profitieren, denn ein Teil wird in Gutscheinen ausgestellt, die in lokalen Geschäften und der Gastronomie eingelöst werden können. CDU trommelt gegen den Plan Die Prämie ist Teil eines Verkehrswende-Konzepts, mit dem die Stadtregierung aus SPD , Grünen und Klimaliste den Individualverkehr bis 2035 halbieren will. In Zeiten von Hochwasser, Dürren und sonstigen Extremwetterereignissen eigentlich ein nachvollziehbares Anliegen, das Oberbürgermeister Thomas Spies (SPD) und sein Umweltdezernent Michael Kopatz den Marburgern auch nicht müde werden zu erklären. In einem Beitrag für die "Frankfurter Rundschau" warb Kopatz schon 2022 für den Plan. Es gehe darum, "die Gewohnheiten der Menschen zu ändern" und damit "effektiven Klimaschutz" zu ermöglichen. Wenn es in Deutschland darum geht, Gewohnheiten abzulegen – erst recht auf Anregung der Politik, also "von oben" – regt sich Widerstand. Egal, wie unzeitgemäß die Gewohnheiten sein mögen. Und so will auch ein erklecklicher Teil der Marburger nichts von der Prämie wissen. 8.000 Unterschriften wurden gesammelt, um das Mobilitätskonzept der Stadtväter zu verhindern. Sekundiert von der CDU , die derzeit die Opposition im Stadtrat anführt, und dem lokalen Boulevard wird der "Auto-weg"-Plan als "Märchen" ("BILD"-Zeitung) abgetan, die angestrebte Verkehrswende als "ideologisch getrieben" (CDU-Mann Dirk Bamberger) verunglimpft. Bamberger sagte dem "Hessischen Rundfunk", viele Bürger fühlten sich von dem Konzept "überrumpelt" und hätten erst durch die öffentliche Berichterstattung davon erfahren. An dem Thema Verkehrswende bestehe aber gleichwohl ein hohes Interesse. Dennoch wollten die Bürger den Plan ablehnen, so der Kommunalpolitiker.