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Grenzkontrollen: Planlos und übereilt? Das steht auf dem Spiel

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser, "Haben alle einen Ausweis dabei?" Diese Frage dürfte ab sofort vor Fahrtantritt mit dem Auto in vielen deutschen Regionen wieder zum Standardcheck gehören. Ab heute nämlich werden die Grenzkontrollen der Bundespolizei ausgeweitet: Nicht nur hin zu Österreich, Polen, Tschechien und der Schweiz kann es dann zu stichprobenartigen Kontrollen kommen, sondern auch an den Grenzen zu Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und Dänemark. Die Bundesregierung will so nach mehreren schweren islamistischen Anschlägen die irreguläre Migration nach Deutschland eindämmen. Allerdings gibt es dabei zwei Probleme : Umstritten ist nämlich zum Ersten, ob die Grenzkontrollen wirklich dazu taugen, die Zahlen illegal Eingereister signifikant zu senken. Umstritten ist zum Zweiten, ob weniger irreguläre Migration tatsächlich auch weniger Anschläge bedeutet – oder ob die Pest des Islamismus nicht anders, zum Beispiel mit einer intensiven Beobachtung der Szene im Herkunftsland, wirkungsvoller bekämpft werden könnte. Die Kontrollen an allen deutschen Grenzen sind nun trotzdem ausgemachte Sache, mindestens für ein halbes Jahr. CDU und CSU hatten sogar noch sehr viel mehr gefordert – nämlich die sofortige Zurückweisung aller Geflüchteten an den deutschen Grenzen. Die Ampel hatte den Vorschlag verworfen, zwischenzeitlich hinter den Kulissen aber zumindest mit der Idee geliebäugelt. Nach ihrer kurzfristigen Ankündigung von Kontrollen aber dürfte sie nun sehr deutlich spüren, welch massive Verstimmungen und Bedenken schon dieser Schritt im hochsensiblen Gefüge der Europäischen Union auslöst. Nachbarstaaten wie Polen nämlich kritisieren die Maßnahme, Grenzpendler ächzen, die Logistikbranche protestiert. Hunderttausende Lastwagen passieren die deutschen Grenzen schließlich täglich, jede Verzögerung in ihrem Plan kostet nicht nur Zeit, sondern bares Geld. Die Sorge: Fallen die Kontrollen intensiv und die Staus lang aus, könnte im Namen der Sicherheit die Wirtschaft stark leiden. Orte entlang der Grenze warnen außerdem nicht nur vor den wirtschaftlichen Folgen. Sie sehen die Freiheit und das Leben bedroht, wie es ihre Bewohner und Besucher derzeit kennen. Und damit ein wesentliches Stück der europäischen Idee. "Freizügigkeit" heißt das Wort, das für viele kaum noch Bedeutung hat, weil es zur Selbstverständlichkeit geworden ist: Nicht an Grenzbäumen zu stoppen, sondern über Grenzen zu gleiten. Zu reisen, zu arbeiten, zu kaufen, zu tanken, zu leben, wo man will. In Grenzgebieten ganz Faktoren wie Gehalt, Immobilien- oder Spritpreise entscheiden zu lassen – nicht die eigene Nationalität. Das Schild "Willkommen in …" im Rückspiegel, die SMS zum nationalen Netzwechsel auf dem Handy. Die Basis für diese Freiheit wurde 1985 im luxemburgischen Schengen geschaffen, auf einem Ausflugsdampfer auf der Mosel. Dort, in einem Dreiländereck, unterschrieben Deutschland, Luxemburg, Frankreich, Belgien und die Niederlande ein Abkommen, das die Kontrollen an den Binnengrenzen zwischen ihnen schrittweise abschaffen sollte. Auch das war damals eine umstrittene Idee. Andere Länder wollten zunächst nicht mitmachen, hielten den Schritt für zu weitreichend. Sie warnten die fünf Vorreiter vor einem "Europa der zwei Geschwindigkeiten". Entwickelt hat sich diese Idee allerdings prächtig. Die weitgehende Grenzfreiheit hat wesentlich zum Wohlstand in der EU beigetragen, die Mitgliedsstaaten wirtschaftlich enger vernetzt und zu einem pulsierenden Machtzentrum in der Welt gemacht. "Schengen" gilt heute als eine der größten Errungenschaften der EU. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Stärke aber ist die EU auch schon lange ein Sehnsuchtsort für Flüchtlinge und Migranten weltweit. Der ersehnte Endpunkt ihrer oft lebensgefährlichen Reisen, die Verheißung von Sicherheit und Stabilität. Schon lange kommen viele, schon lange sind ihre Aufnahme und ihre Integration nicht gut geregelt. Ein wesentlicher Faktor in der Misere: So gut die EU zusammenarbeiten mag, wenn es um wirtschaftliche Vorteile geht, so sehr scheitert sie, wenn es um das Teilen von Lasten geht. Vertraglich geregelt ist die Ungleichheit schon lange, dieses Mal heißt der Schicksalsort Dublin. Und im Gegensatz zu Schengen heißt es in den Dublin-Verträgen nicht: Freiheit für alle. Sondern: alle Last auf wenige – nämlich auf die EU-Außenstaaten. Dieses Prinzip geht schon lange nicht mehr auf, die überforderten Außenstaaten wehren sich, lassen immer mehr Flüchtlinge durch oder wollen sie nicht zurücknehmen. "Dublin ist gescheitert", hört man derzeit im Regierungsviertel von Politikern, egal aus welcher Partei. Über die Konsequenzen für Deutschland hat man dort bisher aber wenig nachgedacht – und erst recht nicht über Lösungen. Irgendwie "Weiter so" schien da das Motto zu sein. Die Bürger aber wollen diesem Motto nicht folgen. Sie verhalfen der AfD in Ostdeutschland zu Spitzenwerten und wählten die Regierungsparteien ab. Es war ein brutaler Weckruf, gerichtet nach Berlin. Seither aber wird nicht wohlüberlegt agiert. Seither herrscht Panik. Im Schweinsgalopp werden Maßnahmen verabschiedet, die hart klingen, aber vermutlich nur wenig bringen. Und auf der Härteskala sind weiteren Vorschlägen inzwischen keine Grenzen gesetzt. Mehr, immer mehr und immer rigoroser, bitte. Nur alles rein in die Tombola. Zur Not auch die gesamte europäische Idee aufs Spiel setzen. Den AfD-Wählern zum Gefallen. In nur wenigen Wochen hat die Bundesregierung Schengen damit vielleicht nicht abgeschafft, aber doch maßgeblich eingeschränkt. Sie schließt sich so im Eiltempo acht weiteren Ländern an, die an ihren Binnengrenzen bereits wieder kontrollieren. So entsteht ein neues "Europa der zwei Geschwindigkeiten" – nur lautet das Ziel dieses Mal: Abschottung. Gute Politik aber funktioniert so nicht, so wird die Problemlösung nur simuliert. Bleibt zu hoffen, dass man sich in der Analyse der Wirksamkeit nach ein paar Monaten ehrlich macht und alle relevanten Faktoren gegenüberstellt. Bei den Grenzkontrollen ist da nicht nur: "Was hat es gebracht?" eine wichtige Frage. Sondern ebenso: "Was hat es uns gekostet – an Freiheit und Wohlstand?" Mutmaßlicher Attentatsversuch auf Donald Trump Er wird geliebt und gehasst wie wohl kein Zweiter in den USA: Auf Ex-Präsident Donald Trump soll es am Sonntag wohl einen weiteren Attentatsversuch gegeben haben. Die Lage war zunächst unklar. Trumps Wahlkampfteam kommunizierte sehr viel rascher als die Behörden. Das FBI teilte schließlich mit: Es werde zu einem Vorfall ermittelt, "der ein Attentatsversuch auf den ehemaligen Präsidenten Trump gewesen zu sein scheint." Trump golfte laut Medienberichten mit einem Großspender in seinem Golfklub im US-Bundesstaat Florida . Ein Mitarbeiter des Secret Service soll dort demnach das Feuer auf einen Verdächtigen eröffnet haben, der in einem Auto vom Tatort flüchtete und kurz darauf festgenommen wurde. Unklar war zunächst, ob der Mann Schüsse abgegeben hatte. Trump wurde vom Secret Service in Sicherheit gebracht und meldete sich per Mail bei seinen Spendern, noch bevor der Vorfall vom FBI bestätigt wurde: "Ich bin sicher und wohlauf" , schrieb er. Und: "Ich werde niemals aufgeben!" Ähnliche Worte und Signale hatte er bereits Mitte Juli gesendet, nachdem bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania vor laufenden Kameras auf ihn geschossen worden war. Alle aktuellen Informationen zu dem Vorfall finden Sie hier . In der Nacht gab es erste Informationen zum mutmaßlichen Täter. Ryan R. soll schon früh wegen Schusswaffen mit dem Gesetz in Konflikt geraten sein. Was wir bislang über den 58-Jährigen wissen, berichtet USA-Reporter Bastian Brauns. Hochwassergefahr in Deutschland In Rumänien , Polen , Tschechien und Österreich herrscht Hochwasser. Städte sind überflutet, mehrere Menschen haben ihr Leben gelassen. Auch in Sachsen entlang von Elbe, Oder und Neiße sowie in Teilen von Bayern müssen sich die Bewohner nun auf Überschwemmungen gefasst machen. In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden lag der Pegel bereits am Sonntagabend bei rund fünf Metern, am Montagabend soll er auf sechs Meter steigen. Normalerweise steht die Elbe hier bei zwei Metern. Alarmstufe zwei wurde bereits ausgerufen – das bedeutet, dass Grünflächen überflutet werden können. Bis Mitte der Woche wird der Pegel weiter steigen, dann könnte es auch zu Alarmstufe 4 kommen, warnen die Behörden. Das bedeutet die Überflutung bebauter Gebiete und: Gefahr für Leib und Leben . Das Gute: Sachsen ist vorgewarnt, die Bewohner können sich wappnen. Schritt Nummer 1: Bleiben Sie Gewässern fern und verfolgen Sie die aktuellen Warnungen über die Warnapp Nina, den Rundfunk oder das Internet. Weitere wichtige Tipps zur Vorsorge für die Sicherheit Ihrer Familie und Ihres Zuhauses finden Sie zum Beispiel hier auf den Seiten des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe . Was steht an? Ärzte im Streik: Bundesweit treten die Ärzte an kommunalen Kliniken in den Warnstreik. Kundgebungen sind unter anderem angekündigt in Potsdam, Lüneburg, Wolfsburg und Dresden. Ostdeutsche in den Chefetagen: SPD-Politiker Carsten Schneider , Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, stellt die neuesten Zahlen zu Ostdeutschen in Führungspositionen der Bundesverwaltung vor. Der Kanzler in Kasachstan: Nach Usbekistan reist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in die kasachische Hauptstadt Astana. Auf seiner Reise durch die zentralasiatischen Staaten will Scholz die Zusammenarbeit bei Schwerpunkten wie Wirtschaft und Energie vertiefen. Die Entwicklungsministerin in Indien: Ministerin Svenja Schulze (SPD) besucht in Indien die Konferenz Re-Invest für erneuerbare Energien. Ziel ist eine gemeinsame Plattform, die deutsche und indische Unternehmen in dem Bereich zusammenbringt. Partei-Granden in Brandenburg: Kurz vor der Landtagswahl in Brandenburg an diesem Sonntag entsenden CDU und FDP führende Köpfe aus dem Bund. FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner wird in Oranienburg und Teltow auf der Bühne stehen, CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ebenfalls in Oranienburg ein Unternehmen besuchen. Lesetipps Gewinnt Kamala Harris oder Donald Trump die US-Wahl im November? Wladimir Putin wird es relativ egal sein, meint Kolumnist Wladimir Kaminer in seiner Kolumne. Denn so oder so setzt Russland auf Chaos in den USA. Von Regina Halmich hat Stefan Raab im Ring Prügel bezogen. Der Boxkampf am Wochenende war aber ohnehin nur eine Finte, nämlich die werbewirksame Rampe für die Ankündigung: Raab kehrt zurück ins TV. Ein äußerst riskanter Plan, wie mein Kollege Steven Sowa kommentiert. Ohrenschmaus Nachrichten zum US-Wahlkampf in den USA lesen sich für viele Deutsche wie ein Mix aus Irrsinn und Dystopie. Was ist da los, wie kann das sein? Eine meiner Lieblingsbands hat schon vor Jahren versucht, das amerikanische Selbstverständnis in Musik zu erklären: Hier können Sie "So American" hören . Zum Schluss Auch Grenzkontrollen haben Grenzen: Ich wünsche Ihnen einen sicheren Montag. Morgen schreibt Florian Harms wieder für Sie. Herzlichst Ihre Annika Leister Politische Reporterin im Hauptstadtbüro von t-online X: @AnnLei1 Was denken Sie über die wichtigsten Themen des Tages? Schreiben Sie es uns per E-Mail an t-online-newsletter@stroeer.de . Mit Material von dpa. Den täglichen Tagesanbruch-Newsletter können Sie hier kostenlos abonnieren . Alle Tagesanbruch-Ausgaben finden Sie hier . Alle Nachrichten lesen Sie hier .