Autogipfel: Robert Habeck will Branche unterstützen
VW ist in der Krise und auch die anderen deutschen Autobauer werden ihre E-Autos nicht wie geplant los. Der Staat könnte helfen. Doch Habeck hält nichts von kurzfristigen Maßnahmen. Von "Autogipfel" oder gar "Krisengipfel" will Wirtschaftsminister Robert Habeck nicht sprechen, dabei ist es beides. Denn die Lage in der Automobilbranche ist spätestens seit den angekündigten Sparplänen bei Volkswagen angespannt. In diesem Zug traf sich Habeck am Montagnachmittag digital mit Vertretern der Branche, um über künftige staatliche Unterstützung zu sprechen. Konkrete Ankündigungen machte er zunächst nicht; es solle keine "Strohfeuermaßnahmen" geben. Solche Maßnahmen hätten nur den Effekt, dass der Markt kurzfristig hochgepumpt werde und danach möglicherweise wieder zusammensacke, sagte Habeck. Es gehe aber um langfristige Planbarkeit. Dazu habe es Übereinstimmung in der Runde gegeben. "Unter der Bedingung haben wir über verschiedene Möglichkeiten gesprochen." "Ich fühle mich schon in einer Verpflichtung" Zuvor hatte es eine ganze Reihe an Vorschlägen und Forderungen an das Branchengespräch gegeben. SPD-Politiker hatten etwa eine "Abwrackprämie 2.0" vorgeschlagen. Die Idee: Wer seinen Verbrenner "abwrackt" und ein neues E-Auto kauft, soll einen Bonus von 6.000 Euro bekommen. Für den Kauf eines gebrauchten E-Autos soll es 3.000 Euro geben. Auch ein "Social Leasing-Programm" nach französischem Vorbild wurde von SPDlern als Möglichkeit eingebracht – Personen mit kleinen und mittleren Einkommen könnten einen staatlichen Zuschlag zur Leasingprämie für ein mittelpreisiges E-Auto bekommen. Ob es letztlich eine dieser Maßnahmen geben wird, ist unklar. Habeck stellte bei einem Besuch eines VW-Werks in Emden aber neue staatliche Fördermaßnahmen in Aussicht. "Ich fühle mich schon in einer Verpflichtung zu sehen, dass der Markt jetzt wieder anzieht", sagte er und verwies zudem auf die bereits geplanten Steueranreize für E-Autos als Dienstwagen. Ferner werde man schauen, ob noch etwas gehe. Angesichts von Haushaltszwängen scheint allerdings offen, ob die Bundesregierung wirklich umfassende zusätzliche Maßnahmen beschließt. Der Minister sagte der Autoindustrie zudem Unterstützung auf EU-Ebene zu. Dabei geht es um sogenannte Flottengrenzwerte; das sind Vorgaben zum CO₂-Ausstoß. Diese sollen schrittweise verschärft werden. Habeck sagte, die Grenzwerte sollten im Jahr 2026 einer Revision unterzogen werden. Es sei der Wunsch der Runde gewesen, sich dafür einzusetzen, dass das schon im kommenden Jahr passiere. "Dem will ich gerne folgen." Es gehe aber nicht darum, dass "wir dadurch die Ziele automatisch schleifen", so der Minister. Viele Hersteller hätten sich darauf eingestellt. Einige hätten größere Probleme, andere geringere Probleme. Maßnahmen sollen auch rückwirkend gelten Die Maßnahmen, die vielleicht kämen, sollten immer rückwirkend gelten, so Habeck. Die Botschaft: Potenzielle Käufer von E-Autos sollen sich nicht zurückhalten. Die Bundesregierung werde nun beraten, sagte der Minister. Aus der Branche gab es darauf gemischte Reaktionen. Opel-CEO Florian Huettl sagte t-online, dass er auf dem Treffen hervorgehoben habe, dass die Transformation den Konzern in den vergangenen Jahren vor große Herausforderungen gestellt habe. Mittlerweile sei aber das komplette Modellangebot auch elektrisch erhältlich. Die damals kritisch begleitete Entscheidung über die Flottenziele sei heute "voll in unserer Strategie berücksichtigt". Dazu sei umfangreich in Forschung und Technologie, in den Umbau der Werke und in Lieferantenbeziehungen investiert worden. "Am dringendsten benötigen wir von der Politik Planungssicherheit", so Huettl. "Die Investitionshorizonte in der Industrie sind lang. Wir können uns keinen Zickzackkurs erlauben." Das schließe Kaufanreize und eine gute Ladeinfrastruktur mit ein. VW-Chef Oliver Blume sagte den Sendern RTL/ntv, Prämien könnten "kurzfristig stimulieren", gerade in den Einstiegssegmenten. Es gehe auch darum, die Erstzulassung von Elektrofahrzeugen steuerlich zu begünstigen. BMW hingegen argumentiert ähnlich wie Habeck und sprach sich nach dem Treffen gegen kurzfristige Maßnahmen wie eine Abwrackprämie aus. "Die deutsche Automobilindustrie braucht keine kurzfristigen, marktverzerrenden Strohfeuer", hieß es. Im Fokus sollten stattdessen nachhaltige Rahmenbedingungen stehen, die den Kunden die Entscheidung für elektrische Fahrzeuge vereinfachen. Dazu gehörten flächendeckende Ladepunkte im öffentlichen wie im privaten Bereich sowie der Zugang zu günstigem Ladestrom. Wenig Nachfrage nach E-Autos Hintergrund für die aktuelle Krise sind schlechte Absatzzahlen bei den deutschen Autokonzernen, vor allem im Bereich Elektromobilität, und starke Konkurrenz aus China . Mercedes und BMW haben ihre Gewinnerwartungen für das laufende Jahr gekappt. Bei VW startete das Jahr nach eigenen Angaben "verhalten". In Wolfsburg wurde zudem die seit Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung aufgekündigt, Werksschließungen und Entlassungen werden diskutiert. Der Gewinn des Konzerns fiel im zweiten Quartal um vier Prozent auf 3,63 Milliarden Euro. Vor allem der abrupte Wegfall der E-Auto-Prämie im vergangenen Jahr macht sich bemerkbar. Im Juli wurden nur noch 30.762 neue E-Autos zugelassen. Wie das Kraftfahrt-Bundesamt meldet, waren das 36,8 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Auch im Vergleich zum Juni ist Zahl deutlich eingebrochen, und zwar um etwa 30 Prozent. Gemessen an der Gesamtzahl der Neuzulassungen machten E-Autos im Juli 2024 12,9 Prozent aus. Auch das ist weniger als im Vorjahreszeitraum. Im Juli 2023 waren noch 20 Prozent der Neuzulassungen E-Autos. Dadurch sind die Werke der Hersteller nicht ausgelastet und auch das Erreichen der Flottenziele rückt in weite Ferne. Das wiederum macht den Konzernen Angst. Denn sollten die Ziele gerissen werden, drohen Geldstrafen.