VW, BMW, Mercedes: Deutsche Autobauer besorgt wegen EU-Zöllen
Bundeskanzler Olaf Scholz stimmte dagegen, aber dennoch sieht es so aus, dass die Ausgleichszölle der EU gegen China kommen. Die deutschen Autobauer sind besorgt. Bundeskanzler Olaf Scholz hat im Europäischen Rat gegen die Ausgleichszölle gegen China gestimmt. Geändert hat das allerdings zunächst nichts, denn bei dem Votum gab es keine ausreichende Mehrheit. Damit kann die EU-Kommission – gegen den Willen Deutschlands – entscheiden, die Abgaben in Höhe von bis zu 35,3 Prozent einzuführen. Deutschen Konzernen wie Mercedes, BMW und Volkswagen bereitet das große Sorgen und auch für Verbraucher könnte das Auswirkungen haben. Hintergrund der Debatte: China subventioniert seine Automobilbranche umfassend. Im vergangenen Jahr mit schätzungsweise 100 Milliarden US-Dollar . Gleichzeitig gelten in Europa bisher verhältnismäßig niedrige Einfuhrzölle von zehn Prozent. Die Kommission befürchtet daher Wettbewerbsnachteile für die heimischen Produzenten und will diese Ungleichheit mit Zöllen bekämpfen. Deutsche Industrie gegen Zölle Die deutsche Autoindustrie hatte sich in den vergangenen Monaten gegen Ausgleichszölle ausgesprochen. Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), sagte im Interview mit t-online: "Natürlich gibt es Verhandlungsbedarf mit China über marktverzerrende Subventionen und Marktzugang – das muss fair und transparent ablaufen. Aber so wie es die EU angeht, habe ich wenig Vertrauen in das Verfahren." Das ganze Interview lesen Sie hier . Nach der Entscheidung bekräftigten mehrere Hersteller diese Position. Von Mercedes hieß es, man sei überzeugt, dass "Strafzölle die Wettbewerbsfähigkeit einer Industrie langfristig verschlechtern". BMW-Chef Oliver Zipse sprach gar von einem "fatalen Signal". Es brauche jetzt eine schnelle Verhandlungslösung zwischen der EU-Kommission und China, um einen Handelskonflikt noch zu verhindern, so Zipse. Sonst gebe es "nur Verlierer". Dahinter steht die Sorge, dass China die Ausgleichszölle wiederum mit Hindernissen für europäische Konzerne in China vergelten könnte. Das würde insbesondere deutsche Autobauer treffen, für die der chinesische Markt eine große Rolle spielt. Bei anderen europäischen Herstellern spielt der Markt eine geringere Rolle in der Gesamtkalkulation. China droht der Lebensmittelbranche Das weiß auch China und hat deswegen bislang mit Maßnahmen in anderen Bereichen gedroht. Das chinesische Handelsministerium hatte im August eine Antidumping-Untersuchung bei Importen von Milchprodukten aus der EU angekündigt. Betroffen seien verschiedene Käsesorten, Milch und Sahne. Demnach will China 20 Subventionsprogramme in EU-Ländern prüfen, insbesondere diejenigen aus Österreich , Belgien , Kroatien , der Tschechischen Republik, Finnland , Italien , Irland und Rumänien . Die offizielle Begründung: Chinesische Branchenverbände der Milchindustrie sollen sich Ende Juli über die hohen Fördermittel innerhalb der EU beschwert haben. Denn Milchprodukte sind für viele europäische Länder ein wichtiges Exportgut nach China. Nach Neuseeland war China im vorigen Jahr das zweitgrößte Lieferland der EU. Chinesische Zolldaten zeigen, dass mindestens 36 Prozent der Gesamtimporte in diesem Bereich aus EU-Ländern stammten. Die EU exportierte nach Zahlen der Brüsseler Behörde Milchprodukte im Wert von 1,7 Milliarden Euro nach China, nach zwei Milliarden im Jahr 2022. Es ist nicht die erste Reaktion Chinas dieser Art. Bereits im Juni hatte China eine Antidumping-Untersuchung gegen Schweinefleischimporte aus der EU eingeleitet. Diese trifft vor allem Spanien , die Niederlande und Dänemark . Gerade Spanien hatte sich zuvor für die Autozölle ausgesprochen. China stellt das Land also quasi vor die Wahl zwischen zwei wichtigen Branchen. Ob die chinesische Regierung tatsächlich auch die Autobranche selbst in Mitleidenschaft ziehen wird, gilt als umstritten. Auch ob durch die Zölle tatsächlich die Preise für aus China importierte Autos steigen oder diese Aufschläge durch weitere Subventionen ausgeglichen werden, ist unklar. Wie groß die aktuellen Preisunterschiede zwischen deutschen und chinesischen Autos sind, lesen Sie hier . Signal nach Wolfsburg Dass Scholz sich gegen die Zölle positioniert hat, ist somit auch ein Signal an die angeschlagene deutsche Autowirtschaft. Vor allem von Volkswagen gab es zuletzt eine beunruhigende Nachricht nach der anderen. Der Wolfsburger Konzern hatte kürzlich Sparpläne angekündigt. Auch Werkschließungen in Deutschland und betriebsbedingte Kündigungen werden nicht länger ausgeschlossen. Laut Betriebsrat verlangt VW zudem Einschnitte beim Haustarif. Mehr dazu lesen Sie hier . "Wir geben in der Marke seit geraumer Zeit schon mehr Geld aus, als wir einnehmen. Das geht nicht gut auf die Dauer!", so VW-Finanzchef Arno Antlitz. Die Gründe dafür sind laut Antlitz der geringere Absatz aller europäischen Hersteller seit der Corona-Pandemie. Davon habe sich der Markt bislang nicht wieder erholt. Es bestehe weiterhin eine Lücke von rund zwei Millionen Fahrzeugen, die pro Jahr weniger verkauft würden. Bei Volkswagen selbst, dem größten europäischen Hersteller, schlage sich das in fehlenden Verkäufen von rund 500.000 Fahrzeugen nieder. Nachfrage nach E-Autos gering Volkswagen kämpft dabei schon länger mit den geringeren Absatzzahlen. Gerade auch im Zukunftsmarkt Elektromobilität ist die Nachfrage deutlich geringer als erhofft. Die Deutschen sind nach der gestrichenen E-Autoförderung im vergangenen Jahr skeptisch und viele fürchten weiterhin, dass das Ladenetz nicht ausreicht. Im Juli etwa wurden nur noch 30.762 neue E-Autos zugelassen. Wie das Kraftfahrt-Bundesamt meldet, waren das 36,8 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Auch im Vergleich zum Juni ist die Zahl deutlich eingebrochen, und zwar um etwa 30 Prozent. Gemessen an der Gesamtzahl der Neuzulassungen machten E-Autos im Juli 2024 12,9 Prozent aus. Auch das ist weniger als im Vorjahreszeitraum. Im Juli 2023 waren noch 20 Prozent der Neuzulassungen E-Autos. Mehr als ein Votum im Sinne der Autoindustrie hatte Scholz zuletzt allerdings ausgeschlossen. Es sei zunächst einmal aber Aufgabe des Unternehmens, seine Probleme selbst aufzuarbeiten und Lösungen zu finden. "Und da mischt sich die Bundesregierung in dem jetzigen Stadium nicht ein", hieß es im September noch von Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner. Darüber hinaus könnte Scholz sich durch sein Abstimmungsverhalten aber auch Verhandlungsvorteile mit China erhoffen, entweder auf europäischer oder auch auf bilateraler Ebene. Denn nach der Abstimmung im Europäischen Rat sieht es zwar so aus, als würden die Zölle kommen, doch es gibt noch immer eine Hoffnung auf eine diplomatische Lösung.