Israel: Shirel Golan überlebte Hamas-Terror – aber nicht ihr Trauma
Shirel Golan hat den Hamas-Angriff auf das Nova-Festival in Israel überlebt. Doch die Erinnerungen an das Grauen haben die junge Frau wohl in den Tod getrieben. Israel trauert um ein weiteres Opfer des Hamas-Überfalls vom 7. Oktober 2023. Mehr als ein Jahr nach dem Terrorangriff auf das Nova-Musikfestival hat sich die Überlebende Shirel Golan das Leben genommen – an ihrem 22. Geburtstag, wie ihre Familie am Sonntag mitteilte. Zu schlimm war offenbar das Trauma, das die junge Frau nach ihren Erlebnissen davongetragen hat. Den Angreifern der Hamas war Shirel Golan mit viel Glück und ihrem Freund Adi entkommen. Die beiden versuchten zunächst, das Festivalgelände in einem Auto mit anderen Besuchern zu verlassen. Doch die beiden erkannten offenbar die tödliche Gefahr, verließen das Auto und versteckten sich stattdessen in einem Gebüsch. Elf weitere Menschen, die im Auto geblieben waren, wurden kurz darauf ermordet, berichtet die "Jerusalem Post". Shirel und Adi wurden Stunden später von einem Polizisten gerettet, der im Alleingang etwa 200 Menschen in Sicherheit gebracht haben soll. Shirel Golan war das jüngste von fünf Kindern Körperlich blieb Shirel Golan unversehrt, während um sie herum 364 Menschen ermordet und viele andere vergewaltigt, verstümmelt oder nach Gaza entführt wurden. Doch schon bald nach dem 7. Oktober zeigte Shirel Golan erste Anzeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), zog sich zurück und mied soziale Kontakte. Auch schwere Angststörungen und unkontrollierbare Erinnerungen an das Erlebte können Folgen eines schweren Traumas sein. Wegen schwerer Depressionen sei sie zweimal in stationärer psychiatrischer Behandlung gewesen, berichtet Shirel Golans Familie – und gibt dem Staat eine Mitschuld am Tod ihrer jüngsten Tochter. Trotz ihres schweren Traumas sei sie vom staatlichen Gesundheitsdienst nicht als Patientin anerkannt worden: "Die Regierung muss endlich aufwachen, sonst wird es weitere Fälle wie diesen geben", sagte ihr Bruder Eyal dem Nachrichtenportal "Ynet". "Ihr Tod wäre vermeidbar gewesen, wenn der Staat sich angemessen um sie gekümmert hätte. Ich habe meine Schwester verloren, aber ich hoffe, mein Aufschrei hilft, dass andere Menschen ihre Lieben nicht verlieren müssen." Traumatisierte Israelis finden kaum Hilfe Das israelische Sozialministerium sagte dazu, es unterstütze die Überlebenden des Festival-Massakers auf verschiedene Weise und rief Betroffene auf, sich bei Bedarf an die staatliche Trauma-Hotline zu wenden. Nach Angaben der Universität Tel Aviv könnten bis zu 30.000 Menschen in Israel nach dem 7. Oktober eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt haben – und psychologische Unterstützung ist schwierig zu bekommen. "Das System war schon vor dem 7. Oktober überlaufen", zitiert die "Times of Israel" den Leiter des Nationalen Traumacenters, Yair Bar-Haim. Schon vor dem Hamas-Überfall hätten Menschen im Schnitt neun Monate auf einen Termin beim Psychologen warten müssen. Inzwischen sei die Situation noch dramatischer, so Bar-Haim: Selbst wer sich zu hohen Kosten privat behandeln lassen wolle, müsse lange warten. Hinweis: Falls Sie viel über den eigenen Tod nachdenken oder sich um einen Mitmenschen sorgen, finden Sie hier sofort und anonym Hilfe.