Scholz will schnelles Handelsabkommen mit Indien
Vor 17 Jahren startete die EU Gespräche über ein Freihandelsabkommen mit Indien, aber es hakt immer noch. Der Kanzler hofft bei seinem Besuch in Neu-Delhi auf neuen Schwung - auch bei anderen Themen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drückt in den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Indien aufs Tempo. Zum Auftakt seines Besuchs in Neu-Delhi forderte er auf einer Wirtschaftskonferenz "rasche Fortschritte und einen schnellen Abschluss" der Gespräche, die bereits 2007 begonnen haben. "Wenn wir gemeinsam daran arbeiten, Herr Ministerpräsident, könnte das eher in Monaten als in Jahren klappen", sagte er an die Adresse des indischen Regierungschefs Narendra Modi. Die Verhandlungen waren 2013 eingefroren und 2022 wieder aufgenommen worden. Es hakt bei den hohen indischen Zöllen auf Autos, dem Schutz geistigen Eigentums in der Pharmabranche und bei der Marktöffnung im Agrarsektor, mit der vor allem Indien Probleme hat. Dritter Indien-Besuch des Kanzlers Scholz besucht Indien bereits zum dritten Mal in seiner knapp dreijährigen Amtszeit. Anlass sind diesmal die siebten deutsch-indischen Regierungskonsultationen, an denen vier Ministerinnen und Minister seines Kabinetts teilnehmen. Der Kanzler betonte, dass es ihm auch um eine engere Kooperation mit Indien im militärischen Bereich gehe. Aktuell verhandelt Thyssenkrupp Marine Systems über den Bau von sechs U-Booten für die indische Marine. Eine deutsche Fregatte und ein Versorgungsschiff sind derzeit vor der indischen Küste unterwegs, um an einem gemeinsamen Manöver teilzunehmen. Am Samstag besucht Scholz die Soldaten im westlichen Bundesstaat Goa. "Unsere übergreifende Botschaft ist: Wir brauchen mehr Kooperation, nicht weniger", sagte Scholz. Mit Blick auf den mächtigen Nachbarn China bekräftigte er: "Wir müssen einseitige Abhängigkeiten vermeiden, besonders in Bereichen von strategischer Bedeutung - kritische Rohstoffe und bestimmte Technologien zum Beispiel." Modi will Investitionen ins Land holen Modi warb um ausländische Investitionen in seinem Land. Wachstumschancen gebe es etwa bei klimafreundlich erzeugtem Wasserstoff und Halbleitern. "Indien bietet eine exzellente Plattform für Investitionen in diesen Bereichen", sagte Modi laut den Worten seiner Übersetzerin. Indien sei zudem stark bei Künstlicher Intelligenz. Es gebe unendliche Möglichkeiten für Start-ups und einen starken Ausbau der Infrastruktur. So werde das Eisenbahnnetz ausgeweitet und es würden neue Flughäfen gebaut. Habeck fordert "neuen Anfang" bei Freihandel Wirtschaftsminister Robert Habeck , der vor Scholz sprach, erinnerte an die drastischen Auswirkungen des Klimawandels und nannte den Kampf dagegen als einen der Bereiche, in denen Deutschland und Indien zusammenarbeiten können. Wirtschaftlich sei Indien eine der dynamischsten Regionen der Welt mit einer rasch wachsenden Mittelklasse und wichtigen Handelsrouten und Häfen. Ein Handelsabkommen zwischen der EU und Indien sei unverzichtbar. "Lasst uns nun einen neuen Anfang machen", verlangte er mit Blick auf die schon lange andauernden Verhandlungen. Indischer Handelsminister bewirbt riesigen Markt Indiens Handelsminister Piyush Goyal stellte die Chancen einer stärkeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit heraus. Indien habe einen riesigen Markt mit 1,4 Milliarden Menschen zu bieten, deren Durchschnittsalter bei unter 30 Jahren liege. Als demokratisches Land könne man Investoren zudem Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit bieten. "Sie haben Technologien, Sie haben Ideen, Sie haben Innovationen, aber Sie haben auch hohe Produktionskosten." Indien könne eine Plattform zur Nutzung dieser Technologien bieten. Für die Handelsverhandlungen sei es wichtig, im Kopf zu behalten, dass Indien wirtschaftlich aufholen wolle, sensible Bereiche schützen wolle und Augenhöhe einfordere. "Wir verhandeln nicht aus einer Position der Schwäche", betonte er. Modi kommt gerade aus Russland zurück Bei den Regierungskonsultationen am Nachmittag (Ortszeit) sollte es auch um internationale Politik gehen. Die engen Kontakte Indiens zu Russland sind dem Westen einerseits zwar ein Dorn im Auge. Andererseits können sie aber auch nützlich sein - vor allem, wenn es um eine mögliche Vermittlung bei den Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Kriegs geht. Die bot Modi gerade erst wieder beim Gipfel der Brics-Staatengruppe im russischen Kasan diese Woche an. "Wir unterstützen vollständig die schnellstmögliche Wiederherstellung von Frieden und Stabilität", sagte er. Da Indien das Humanitäre im Blick habe, sei das Land mit allen Seiten in Kontakt und auch künftig bereit, "jede Art von Unterstützung zu leisten", um den Krieg zu beenden. Dass Modi Gastgeber Wladimir Putin in Kasan erneut mit einer innigen Umarmung begrüßte, dürfte in der Ukraine aber nicht gut angekommen sein.