Schaeffler, Continental, Bosch: Die Automobilkrise weitet sich aus
Wenn die großen Hersteller wie VW wackeln, ist das auch für die Zulieferer ein Problem. Schaeffler will Tausende Stellen streichen – und das dürfte lange nicht das Ende sein. Die Notlage in der Automobilbranche zieht weitere Kreise: Nach den Krisenmeldungen von Volkswagen hat nun der Autozulieferer Schaeffler angekündigt, mehrere Tausend Stellen zu streichen. "Wenn man strukturelle Anpassungen verschleppt – das sieht man bei anderen – ist man später gezwungen, radikale Maßnahmen zu ergreifen", sagt Schaeffler-Vorstandschef Klaus Rosenfeld der Deutschen Presse-Agentur. Insgesamt sollen 4.700 Arbeitsplätze in Europa, davon 2.800 in Deutschland, abgebaut werden. Das sind 3,1 Prozent der weltweiten Stellen. Durch Verlagerung ins Ausland soll der Nettoabbau letztlich 3.700 Stellen umfassen. Mehr dazu lesen Sie hier . Als Hauptprobleme führt Schaeffler die Konkurrenz aus China und die schleppende Umstellung auf E-Autos an. Mit diesen Herausforderungen steht das Unternehmen keineswegs alleine dar. Die Hiobsbotschaften aus der Branche dürften noch weitergehen. Zulieferbranche verantwortet viele Arbeitsplätze Das sind schlechte Nachrichten für die Branche, aber auch für Deutschland und seine Wirtschaftsfähigkeit insgesamt. Denn laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) wurden im Jahr 2023 in der deutschen Zulieferindustrie 273.500 Menschen beschäftigt. Gemessen am Umsatz ist Bosch der größte Zulieferer, dahinter folgen ZF Friedrichshafen und Continental . Schaeffler hatte seinerseits erst vor wenigen Wochen den Elektroantriebs-Spezialisten Vitesco aus Regensburg geschluckt und war damit zu einem der weltweit zehn größten Unternehmen der Zulieferbranche mit insgesamt rund 120.000 Mitarbeitern aufgestiegen. Ebenfalls bekannte Marken, aber deutlich kleiner sind Mahle, Brose und Eberspächer. Sie alle ringen mit den Herausforderungen der Transformation. Immerhin galt Deutschland jahrzehntelang als Verbrennerland und wurde weltweit für seine Technik gefeiert und beneidet. Doch Elektroantriebe erfordern andere Produktionsabläufe und somit umfassende Umstellungen in den Konzernen. Hinzu kommen zwei Trends: Die Nachfrage nach E-Autos ist in anderen Ländern deutlich höher als in Deutschland, und die Automobilkonzerne fertigen immer häufiger in den Verkaufsländern. Mangelnde E-Auto-Nachfrage Zwar hat die Bundesregierung das klare Ziel ausgerufen, bis 2030 insgesamt 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen zu haben, aber das liegt noch in weiter Ferne. Denn während der weltweite Absatz von Elektroautos im September mit 1,7 Millionen verkauften Fahrzeugen (inklusive Plug-in-Hybriden) einen Rekord darstellte, sahen die Zahlen für Deutschland deutlich schlechter aus. So wurden in Deutschland im Oktober 35.491 Elektroautos neu zugelassen. Das macht 15,6 Prozent der zugelassenen Autos aus und ist leicht besser als im September, aber dennoch 4,9 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Insgesamt gibt es in Deutschland somit noch immer weniger als zwei Millionen zugelassene E-Autos. Eine schwierige Situation für deutsche Hersteller und ihre Zulieferer. Zum einen müssen sie sich auf die Produktion von E-Autos einstellen. Im Zuge dessen wurden bereits einige Stellen abgebaut. Denn anders als bei herkömmlichen Verbrennern fallen bei E-Autos die komplexen Teile für Motor, Getriebe und die Abgasanlage inklusive Abgasreinigung weg und es braucht somit weniger Personen in der Produktionskette. Gleichzeitig ist die Umstellung aber oft sehr teuer. Zum anderen kommt die Nachfrage bisher nicht in dem Maße in Gang, wie es lange prognostiziert wurde. Das heißt auch, dass sich viele Investitionen bisher nicht rechnen, aufgebaute Kapazitäten nicht genutzt werden. In diese Gemengelage kommen dann noch die deutlich günstigeren, da stark staatlich subventionierten E-Autos aus China, die zusätzlichen Druck auf die Branche ausüben. Stellenabbau bei allen großen Zulieferern Das hat schwerwiegende Folgen: Die Unternehmensberatung Horváth hatte bereits im zweiten Quartal 50 Autozulieferer, darunter 35 deutsche Unternehmen, nach ihren Zukunftsplänen befragt. 60 Prozent der deutschen Konzerne gaben an, einen moderaten Stellenabbau anzustreben, um die Kosten zu senken. Die ersten Schockmeldungen ließen danach nicht lange auf sich warten. Zulieferer ZF Friedrichshafen kündigte noch im Sommer an, in den kommenden vier Jahren 11.000 bis 14.000 Stellen streichen zu wollen. Bei Bosch waren vor Monaten bereits 7.000 Stellenstreichungen im Gespräch. In der vergangenen Woche sagte Vorstandschef Stefan Hartung dem "Tagesspiegel", er könne derzeit "nicht ausschließen, dass wir die personellen Kapazitäten weiter anpassen müssen". Bei Continental wurden bereits seit 2023 rund 5.000 Stellen abgebaut und eingespart, bis 2028 sollen mehr als 7.000 weitere Jobs gestrichen werden. Schaeffler reiht sich nun in diese Liste ein. Die Richtung scheint klar, denn 2018 arbeiteten noch 311.000 Beschäftigte in der Zulieferindustrie, aktuell sind es noch rund 270.000. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass die Zahl bis zum Ende des Jahrzehnts weiter sinken wird, auf rund 200.000.