Bei 100 km/h in den ersten Gang: "Money Shift" kann Motor ruinieren
Ein falscher Gang beim Schalten kann dem Motor schweren Schaden zufügen – besonders gefährlich: wenn bei hohem Tempo der erste Gang eingelegt wird. Wer sich schon einmal beim Autofahren verschaltet hat, erinnert sich: einen zu niedrigen Gang erwischt (etwa den zweiten statt den vierten), die Kupplung losgelassen – und plötzlich ruckt das Auto so stark, dass man erschrickt. Wie muss es erst sein, wenn man bei Tempo 100 in den ersten Gang schaltet, ob absichtlich oder unabsichtlich? Die gute Nachricht: Mechanisch ist das bei den meisten Fahrzeugen fast unmöglich: Viele Autos haben eine Sperre, die das versehentliche Einlegen des ersten Ganges verhindert. Dieser dient vor allem zum Anfahren aus dem Stand und bei niedrigen Geschwindigkeiten und ermöglicht eine hohe Drehmomentübertragung. Das ist wichtig, um das Fahrzeug aus der Ruhe zu bringen und beispielsweise beim Anfahren auf einer Steigung oder im Stau zu helfen. Feste Verbindung zwischen Rädern und Motor Doch was macht ein zu plötzlich eingelegter, viel zu niedriger Gang mit dem Motor? Im Auto sind Motor und Räder durch den Antriebsstrang mit Kupplung und Getriebe miteinander verbunden und drehen synchron – im Gegensatz zum Fahrrad, wo es einen Freilauf gibt, um beispielsweise einen Berg herunterzurollen. Nur die Kupplung stellt beim Auto sicher, dass der Motor und die Räder getrennt werden. Die Übersetzungen im Getriebe sind dafür zuständig, dass der Motor seine Drehzahl an die Geschwindigkeit anpasst und trotz schneller drehender Räder nicht ebenfalls immer höher dreht. Das passiert im Motor Ist man bei 100 km/h unterwegs und schaltet versehentlich in den ersten Gang, kommt es zu dem Phänomen, das manchmal als "Money Shift" bezeichnet wird: einem Schaltfehler, der teuer wird. Plötzlich verlangt das Getriebe eine viel höhere Drehzahl, als der Motor in diesem Moment in der Regel leisten kann. Die Massenträgheit der Motorbauteile verhindert zunächst, dass sich der Motor so schnell dreht, wie es die Räder nun vorgeben. Die Räder blockieren kurz, die Reifen quietschen. Die zu hohe Drehzahl wirkt sich auf die Kurbelwelle, deren Lager und dann auf die Steuerkette beziehungsweise den Zahnriemen und auf die Nockenwelle aus. Im Motor bewegen sich die Teile entgegen der Massenträgheit zu schnell. Erste Schäden können entstehen, während der Motor kurz die extrem hohe Drehzahl erreicht. Die Ventile können nicht mehr schnell genug schließen, die Kolben schlagen auf die noch geöffneten Ventile. Gleichzeitig erzeugt der erhöhte Reibungswiderstand im Motor eine starke Verzögerung der Räder, die unter Umständen so abrupt wirkt, dass das Auto eine Vollbremsung ohne ABS erfährt – mit der Gefahr, die Kontrolle zu verlieren. All das geschieht innerhalb von ein bis zwei Sekunden. Die Folge: Der Motor ist in der Regel irreparabel beschädigt. Prominenter Fall Ein prominentes Beispiel für die Folgen eines falschen Gangs lieferte 2002 die Sängerin Britney Spears . Sie mietete einen Ferrari 360 Modena und versuchte versehentlich, bei 130 km/h in den zweiten Gang zu schalten. Der Motor reagierte mit extremen Drehzahlen, das Fahrzeug geriet außer Kontrolle und blieb auf der Autobahn liegen. Der Schaden an Motor und Getriebe belief sich auf etwa 25.000 Dollar, den Spears nach Angaben der Verleihfirma selbst übernahm. Was, wenn der falsche Gang nur kurzzeitig eingelegt wird? Ein einmaliger Fehler führt nicht zwingend zu einem Motorschaden. Die Kupplung sorgt oft für eine leichte Verzögerung beim Kraftschluss, sodass der Motor die Drehzahlsprünge nicht sofort voll mitmacht. Auch Motorlager und Schmierung können kurzfristig kleinere Belastungen abfangen. Dennoch gilt: Wiederholte Fehlbedienungen oder das bewusste "Money Shiften" führen unweigerlich zu schweren Schäden. Auch wenn es ohnehin unwahrscheinlich ist, dass Sie es vorhaben: Verzichten Sie darauf, zu niedrige Gänge einzulegen – das könnte Ihren Motor das Leben kosten und auch Sie in gefährliche Situationen bringen.