Schmiergeld an Maximilian Krah (AfD)? Polizei durchsuchte Kanzlei und Firma
In der Bestechungsaffäre um den AfD-Bundestagsabgeordneten Maximilian Krah ist die Polizei in zwei Bundesländern ausgerückt. Von Interesse für die Ermittler ist auch ein Auto im Wert von mindestens 40.000 Euro. Brüssel war so schön weit weg und deswegen war es auch Maximilian Krah. Manch einer im Vorstand der AfD hätte sich dem Vernehmen nach gewünscht, dabei wäre es geblieben. Drei Anklagen wegen Spionage für Russland oder China , eine wegen Bestechung aus Russland und mindestens drei Ermittlungsverfahren wegen Bestechung aus Russland oder China: Das ist die Bilanz des Abgeordnetenbüros von Maximilian Krah im Europaparlament. Stand heute. Sein Umfeld beschäftigt mittlerweile mindestens ein halbes Dutzend Ermittlungsbehörden in fast ebenso vielen EU-Staaten. Spionage für China: Anklagen gegen Jian G. und Yaqi X. Spionage für Russland: Anklage gegen Janusz Niedzwiecki Bestechung aus Russland: Anklage gegen Oleg Voloshin Nun muss sich die AfD-Bundestagsfraktion sehr zum Unmut der Parteispitze aus nächster Nähe mit den Affären herumschlagen. Denn Krah hat seit wenigen Wochen ein Direktmandat im deutschen Parlament – und schon laufen Ermittlungen gegen ihn selbst. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden wirft ihm vor, mutmaßlich Schmiergeld aus chinesischen Quellen angenommen und ihre Herkunft verschleiert zu haben. In den kommenden Tagen wird Krah voraussichtlich seine parlamentarische Immunität verlieren. Noch immer prüfen die Staatsanwälte in Vorermittlungen, ob auch ein Anfangsverdacht wegen möglicher Gelder aus Russland gegen ihn vorliegt. t-online hat den Beginn der Ermittlungen gegen den ehemaligen Spitzenkandidaten der Partei für Europa rekonstruiert – und ist dabei auch auf ein Dienstfahrzeug gestoßen, das Korruptionsermittler nun wohl genauer prüfen werden. Zum ersten Mal scheint es, als könnten Krah seine Verwicklungen mit den mutmaßlichen Spionen persönlich zum Verhängnis werden – obwohl er jedes Fehlverhalten bestreitet und bislang noch jeden Tiefschlag politisch erstaunlich gut überstand. Razzia bei ehemaligen Mandanten Es ist ein Morgen im März, als mehrere Zivilfahrzeuge der Polizei in ein Gewerbegebiet im rheinischen Langenfeld rollen. Selbst zu Stoßzeiten ist dort wenig los. Es reiht sich zwar Betrieb an Betrieb, Fahrradverkauf und Autowerkstatt, Müllentsorger und Immobilienplaner, aber der Kundenverkehr ist überschaubar. Ziel der Beamten ist ein Markisengroßhandel mit wehenden Fahnen vor dem Eingang zum Ladenlokal. Es ist genau jener Markisenhandel, den t-online im Oktober 2023 als Zentrum eines Unternehmensgeflechts seines Assistenten Jian G. aufdeckte, in das Zahlungen aus China flossen und das Krah als Anwalt betreute. Das bestätigte er t-online schon damals. Die Recherchen legten darüber hinaus Krahs und G.s gemeinsame Geheimdienstkontakte und Lobbyarbeit für China offen. Die ganze Recherche: Krahs China-Gate Ein halbes Jahr später nahm der Generalbundesanwalt nach monatelanger Observation G. wegen mutmaßlicher Spionage in Untersuchungshaft, durchsuchte Wohn- und Geschäftssitze sowie das Abgeordnetenbüro. Dabei stellte er unter anderem Rechnungsdokumente und Reiseunterlagen sicher. Mittlerweile sind G. und seine mutmaßliche Komplizin Yaqi X. angeklagt. Offenbar seit über 20 Jahren in chinesischen Diensten, soll G. seine Stellung bei Krah genutzt haben, um Führungsoffiziere mit über 500 vertraulichen Dokumenten zu beliefern und Informationen über führende AfD-Politiker zusammenzutragen. Außerdem habe er chinesische Dissidenten ausgespäht. X. habe ihn mit sensiblen Flug-, Fracht- und Passagierdaten vom Flughafen Leipzig versorgt. Doch während das Oberlandesgericht Dresden noch die Anklagen prüft, zog die Affäre bereits weitere Kreise. Durchsuchung auch in früherer Kanzlei Nachbarn sprechen von etwa zehn Polizisten, die – ebenfalls in Zivil – zur Durchsuchung in Langenfeld angerückt sind. Die Angelegenheit ist offenbar pikant: Weder die örtliche Polizei noch die Staatsanwaltschaft sind informiert. Stattdessen wollen Korruptionsermittler des Landeskriminalamts Sachsen Beweismaterial bei Geschäftsführerin Min Z. sicherstellen. Weitere Beamte werden bei Krahs früherer Anwaltskanzlei in Baden-Württemberg vorstellig. Die Öffentlichkeit erfährt zunächst nichts von den Einsätzen, die das LKA t-online nun bestätigte.. Die Verschwiegenheit der Ermittler hat einen Grund: Laut Recherchen von t-online hatte nicht der Generalbundesanwalt die Razzia angeordnet. Still hatte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden parallel zum Spionageverfahren der Bundesanwaltschaft auch ein Verfahren wegen mutmaßlicher Bestechung von Mandatsträgern gegen Krahs langjährigen Assistenten eingeleitet. Darin prüfte sie das Unternehmensgeflecht, das t-online aufgedeckt hatte . Offenbar waren es dieses Verfahren gegen Jian G. und die damit verbundenen Durchsuchungen, die nun auch zu den Ermittlungen gegen Krah führten. Denn G. und die ihm zugeordneten Unternehmen bezahlten ihn über Jahre als Anwalt. Die Ermittler vermuten hinter den Mandatsbeziehungen einen Vorwand. Von Scheinrechnungen ist die Rede. Krah hingegen hält den Verdacht für politisch motiviert. "Sicherlich" mehr als 50.000 Euro "Bitte berücksichtigen Sie den Gesetzeswortlaut", sagte er t-online. "Es muss jede unberechtigte Zahlung einer konkreten parlamentarischen Handlung zugeordnet sein im Sinne eines Geschäfts." Eine "unkonkrete Beziehungspflege" durch die Zahlungen reiche für Strafbarkeit nicht aus. Auch eine solche Beziehungspflege bestreite er aber vehement. "Wenn Sie das alles zusammen nehmen wird deutlich, dass hier ohne jede realistische Chance einer Verurteilung agiert wird – was für politische Motivation der Generalstaatsanwaltschaft spricht." Unstrittig sind aber offenbar die Zahlungen selbst. Krah räumte sie im Gespräch mit t-online ein. In den Jahren 2015 bis 2022 – also noch während seiner Zeit im Europaparlament, wo er 2019 das Mandat antrat – habe er über seine damalige Kanzlei in Dresden "sicherlich" mehr als 50.000 Euro von den nun unter Verdacht geratenen Firmen in G.s Umfeld erhalten. Danach habe er sie aber nicht mehr als Mandanten betreut. Und von Zahlungen, die die Firmen anschließend an seine spätere Kanzlei in Baden-Württemberg leisteten, habe er "in keiner Weise" profitiert. Das berührt einen heiklen Punkt in den Ermittlungen: Nachdem die eigene Anwaltskanzlei in Dresden 2022 dichtgemacht hatte, verlegte Krah seinen Anwaltssitz nach Baden-Württemberg und vermittelte die Firmen als Mandanten dorthin. Mit dem Chef der dortigen Kanzlei, bei der nun die Korruptionsermittler anrückten, verbindet ihn eine langjährige Bekanntschaft und eine Vorliebe für teure Accessoires. Gemeinsam besuchten sie im Mai 2023 in der Schweiz einen Hersteller und Vertrieb von Luxusuhren, wie sie Krah gern zur Schau trägt. Ein Foto, das t-online vorliegt, belegt den Trip. Wenige Wochen nach dem Ausflug geriet das Arrangement in der Kanzlei allerdings durch einen Bericht der "Schwäbischen Zeitung" in die Schlagzeilen: Damals ließ Krahs Freund sich zitieren, der AfD-Politiker sei in der Kanzlei "null Komma null aktiv". Er sei kein Mitarbeiter oder Angestellter, bearbeite keine Mandate und halte lediglich seine Zulassung über die Kanzlei. Nach einem berufsrechtlichen Verfahren der zuständigen Rechtsanwaltskammer gab Krah schließlich freiwillig seine Zulassung ab. Seit Januar 2024 ist er kein Rechtsanwalt mehr. Ein teures Dienstfahrzeug Die widersprüchlichen Einlassungen könnten neben anderen vorläufigen Ermittlungsergebnissen das Misstrauen der Staatsanwälte geweckt haben: Denn im Europaparlament gab Krah – der ja angeblich keine Mandate in der Kanzlei bearbeitete – einen regelmäßigen Nebenverdienst durch seine Tätigkeit in Baden-Württemberg an. Aus seinen finanziellen Erklärungen, die t-online vorliegen, gehen monatliche Vergütungen in Höhe von 450 Euro hervor, die im Jahr 2023 insgesamt 5.000 Euro überstiegen. Wann die Zahlungen starteten, ist unklar. Laut Informationen von t-online bedienten sie aber einen Leasing-Vertrag für ein Dienstfahrzeug, einen Toyota RAV 4 Hybrid. Neuwert: zwischen 40.000 und 65.000 Euro, je nach Ausstattung. Krah bestätigte t-online auf Anfrage, er habe den Wagen nach seiner Zeit in der Kanzlei privat übernommen. Das habe aber mit den Firmen aus G.s Umfeld, die er als Mandanten vermittelt habe, nichts zu tun. "Das Auto war kein Geschenk", sagte Krah t-online. "Ich kenne ja die Verdächtigungen: Die Firmen zahlen an die Kanzlei und dann bekomme ich davon einen Anteil gutgeschrieben, was aber nicht bar, sondern qua Autorate gezahlt wird. Ist aber nicht so." Die Raten seien von einem für ihn bei der Kanzlei eingerichteten Verrechnungskonto gezahlt worden. "Und meine Leistungen wurden dann gegengerechnet – es gab aber wegen Zeitmangel kaum etwas." Es sei "ausgeschlossen, dass die Honorare der Firmen, die nun in Verdacht geraten sind, mir gutgeschrieben wurden". Auch die Kanzlei teilte mit, sie habe keine Gelder aus Mandatsbeziehungen weitergeleitet. Die Korruptionsermittler dürften das nun intensiv prüfen – und die AfD-Spitze in Berlin jeden ihrer Schritte genau beobachten. Denn war Krah im Europaparlament zuletzt Paria, nahm die Fraktion im Bundestag ihn im Februar ohne jeden Protest in ihre Reihen auf. Das Kalkül der Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla dahinter: Krah nicht aufzunehmen, würde in einer für die AfD wichtigen Phase noch mehr Aufmerksamkeit und negative Schlagzeilen generieren. Ob diese Rechnung aufgeht, scheint mehr und mehr fraglich.