Studie: E-Autos laden bald fast so schnell wie Diesel oder Benziner tanken
Das E-Auto wird alltagstauglicher: Die Ladezeiten sinken, die Reichweiten steigen. Doch bei einem entscheidenden Punkt droht Europa, ins Hintertreffen zu geraten. Früher bedeutete das Laden eines E-Autos vor allem eines: Warten. Heute reicht oft eine halbe Stunde, um den Akku eines durchschnittlichen Stromers wieder auf 80 Prozent zu bringen – und in Zukunft könnte es noch deutlich schneller gehen. Denn was bisher als Nachteil gegenüber dem klassischen Verbrenner galt, wird bald kaum noch eine Rolle spielen: Die Ladegeschwindigkeit nähert sich dem Tempo einer Tankfüllung. Möglich machen das technologische Fortschritte, deren Auswirkungen sich bereits heute messen lassen und deren Potenzial laut einer neuen Studie von Strategy&, einer Tochter der Wirtschaftsprüfung und Beratungsgesellschaft PwC, enorm ist. Milliardenmarkt in Sichtweite Die Elektromobilität steht der Analyse zufolge vor einem gewaltigen Wachstumsschub. Bis 2030 könnte sich der mit elektrischen Antriebssystemen für Pkw weltweit erzielte Umsatz mehr als verdoppeln – auf über 630 Milliarden Euro pro Jahr. Damit lägen die Erlöse dieses Bereichs über den heutigen Gesamtumsätzen der drei größten europäischen Automobilhersteller. Der Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge (BEV) unter den weltweit verkauften Neuwagen soll laut der Studie bis 2030 auf rund 40 Prozent steigen, bis 2035 sogar auf etwa 60 Prozent. Parallel dazu wächst die weltweite Nachfrage nach Batteriekapazität voraussichtlich von derzeit rund 1,15 Terawattstunden auf rund 5 Terawattstunden im Jahr 2035. Mehr Reichweite, weniger Ladezeit Technologische Verbesserungen gelten als entscheidender Treiber der Entwicklung. Bis zum Jahr 2030 seien Ladeleistungen möglich, mit denen sich innerhalb von zehn Minuten bis zu 400 Kilometer Reichweite nachladen lassen, so die Autoren. Damit käme der Ladevorgang in puncto Tempo dem klassischen Tankstopp sehr nahe. Auch der Energieverbrauch sinkt. Der durchschnittliche Verbrauch könnte sich nach Analyse der Studie auf rund 14 Kilowattstunden pro 100 Kilometer einpendeln. Erreicht wird das durch neue Zellchemien, eine effizientere Batteriearchitektur und optimierte Antriebssysteme. Zudem werden E-Autos wirtschaftlicher. Bereits heute erreichen viele batteriebetriebene Autos ein mit Verbrennern vergleichbares Gesamtkostenniveau (Total Cost of Ownership, kurz TCO). Bis 2030 sollen sie in sämtlichen Fahrzeugklassen gleichziehen. "Die Lücke zwischen E-Auto und Verbrenner schließt sich", sagt Dr. Jörn Neuhausen, Senior Director bei Strategy& Deutschland. Chinas Vorsprung wächst Doch das Tempo der Transformation unterscheidet sich regional deutlich. Während China beim Hochlauf batterieelektrischer Fahrzeuge führend ist, verläuft die Entwicklung in Europa und den USA langsamer – vor allem in ländlichen Regionen. Im ersten Quartal 2025 lag der BEV-Anteil an den Pkw-Neuzulassungen in China bei 26 Prozent. In Europa waren es laut der Studie 15 Prozent, in den USA lediglich 8 Prozent. Auch in absoluten Zahlen liegt China vorn: 2024 wurden dort rund 6,7 Millionen batterieelektrische Fahrzeuge verkauft – mehr als dreimal so viele wie in Europa (2,0 Millionen) und mehr als fünfmal so viele wie in den USA (1,2 Millionen). "Während China beim BEV-Hochlauf weiter Tempo macht, fehlt es in Europa und den USA insbesondere im ländlichen Raum an erschwinglichen und flächendeckenden Schnellladeangeboten", sagt Neuhausen. "Hinzu kommen regulatorische Hürden und uneinheitliche Förderkulissen." Vor diesem Hintergrund gewinnen laut Studie auch Plug-in-Hybride und sogenannte Multi-Energy-Plattformen wieder an Bedeutung – zumindest kurzfristig. Langfristig aber, so die Prognose, werden sich reine BEV-Plattformen durchsetzen. Abhängigkeit von asiatischen Zellherstellern Besonders groß ist der Rückstand Europas bei der Batteriezellproduktion. Rund 70 Prozent der weltweiten Produktionskapazitäten entfallen auf Unternehmen mit Hauptsitz in China, weitere 15 Prozent auf südkoreanische Hersteller und 5 Prozent auf japanische. Europa und die USA sind damit in hohem Maße auf Zulieferer aus Asien angewiesen – mit entsprechenden wirtschaftlichen und geopolitischen Risiken. "Batteriezellen sind längst kein rein technologisches Thema mehr. Sie sind ein strategisches Gut geworden", sagt Philipp Rose, Director bei Strategy& Deutschland. Er fordert: Europa muss jetzt handeln – mit Investitionen in eigene Zellfertigung, Forschung und Entwicklung sowie standortübergreifende Partnerschaften mit Industrie, Politik und Kapitalmärkten. "Nur wer die Schlüsseltechnologie Batterie beherrscht, kann sich einen Platz in der globalen Wertschöpfung der nächsten Mobilitätsära sichern."