Verbrenner-Verbot: SPD, Grüne und Linke kritisieren Merz und Söder
Die Union will das Verbrenner-Aus der EU kippen. Bei der IAA heizen Kanzler Merz und CSU-Chef Söder die Debatte weiter an – was beim Koalitionspartner SPD und den Grünen gar nicht gut ankommt. Die Union treibt die Debatte um eine Rücknahme des Verbrennerverbots voran. Bei der Eröffnung der internationalen Automesse IAA Mobility am Dienstag sprach sich Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) klar für Änderungen bei der EU-Regulierung aus. "Einseitige politische Festlegungen auf bestimmte Technologien sind nicht nur für diese Branche grundsätzlich der falsche wirtschaftspolitische Weg", so Merz mit Blick auf das EU-weite Verbot, das ab 2035 in Kraft tritt. Ziel sei, "durch Technologieoffenheit Wettbewerbsfähigkeit und effektiven Klimaschutz" miteinander zu verbinden, betonte der Kanzler. Deutschland müsse wieder ein international anerkannter Wirtschaftsstandort werden, "auf den die Welt nicht mit Verwunderung, sondern mit Bewunderung schaut". Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder heizte die Debatte weiter an. "Dieses Verbrennerverbot ist falsch", so der CSU-Chef, der vor Merz sprach. Auch wenn sich langfristig wohl die Elektromobilität durchsetzen werde, brauche es mehr Zeit, um dies in Europa zu organisieren, so Söder. "Wir müssen die CO2-Ziele anpassen an die Realität, sie sind so nicht umsetzbar." Zuvor hatte bereits Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Autoindustrie (VDA), einen "Realitätscheck" und eine Kurskorrektur beim Verbrenner gefordert. "Welche Botschaft soll das senden?" Kritik an den Äußerungen von Merz und Söder kam unter anderem vom Koalitionspartner SPD . Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, Isabel Cademartori, sagte t-online: "Dass Unionspolitiker und der VDA bei der IAA, wo deutsche Hersteller mit neuen E-Modellen glänzen, Schlagzeilen mit Forderungen nach mehr Verbrennern machen, ist industriepolitisch unverständlich. Welche Botschaft soll das senden?" "Wir haben endlich Spitzen-E-Autos in allen Preisklassen im Angebot – und wollen aber trotzdem wieder Verbrenner verkaufen?" so die SPD-Politikerin weiter. Die Politik müsse hier Klarheit schaffen. Die Transformation zur Elektromobilität sei "in vollem Gange", Deutschland sei technologisch führend. "Diesen Kurs sollten wir gemeinsam halten, damit Deutschland Leitmarkt bleibt." Grünen-Politikerin Dröge bemüht sich um Schadensbegrenzung Ausgerechnet die Grünen hatten am Wochenende die Debatte um eine Verschiebung des Verbots neuer Autos mit Verbrennungsmotoren mit befeuert. Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, hatte sich mit einer Äußerung am Sonntag im ARD-"Bericht aus Berlin" anscheinend prinzipiell offen für eine geringfügige Verschiebung gezeigt. Sie wies darauf hin, dass der Grünen-Spitzenkandidat zur Landtagswahl in Baden-Württemberg, Ex-Bundesagrarminister Cem Özdemir , gesagt habe: "Ob ein Jahr früher oder später – das ist nicht die Frage. Und ich finde: Das ist auch nicht die Frage." Seitdem ist sie bemüht, die Aussage wieder einzufangen. Am Montag schrieb sie auf der Plattform X: "Es wäre verantwortungslos für die Automobilindustrie & den Klimaschutz, am Verbrenner-Aus 2035 zu rütteln." Am Dienstag legte sie bei einem Pressestatement im Bundestag noch einmal nach. "Was nur zur Verunsicherung beiträgt, ist eine Debatte über das Datum zum Verbrenner-Aus." Gleichzeitig gestand sie ein, dass es ihr am Sonntagabend nicht "so richtig" gelungen sei, die Position der Partei "verständlich" zu machen. Das müsse sie "selbstkritisch feststellen". Sie habe sagen wollen, dass Söder eine Debatte über ein Jahr mehr oder weniger dazu nutzen würde, das gesamte Verbrenner-Aus kippen zu wollen, so Dröge weiter. Deshalb werde eine solche Debatte nicht geführt, betonte die Grünen-Politikerin. Auch die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Swantje Michaelsen, betonte, dass 2035 "nicht verrückbar" sei. "Wer das Verbrenner-Aus infrage stellt, gefährdet die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Europa und lädt die Kosten am Ende den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf", sagte sie t-online. Das Verbrenner-Aus sei die wichtigste Leitplanke, um den Hochlauf der E-Mobilität voranzubringen und damit auf Klimazielkurs zu kommen, so Michaelsen weiter. Sie warf dem Verkehrsministerium vor, beim Klimaschutz im Verkehr "planlos" zu agieren und "Arbeitsverweigerung" zu betreiben. Der Regierung gehe es nicht um Zukunft, sondern "um rückwärtsgewandte Klientelpolitik und kurzfristige Profite". Die Grünen-Fraktion hat außerdem einen Antrag gestellt. Über diesen Antrag soll der Bundestag in dieser Woche debattieren. In dem Antrag fordert die Fraktion die Abgeordneten und die Bundesregierung auf, sich zum Zieldatum 2035 zu bekennen. Linke sieht "Chaos" Auch bei der Linken hält man nichts von einer Debatte darüber, ob ab 2035 keine neuen Benziner und Diesel mehr auf den Markt kommen dürfen. Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek sagte, dass die Debatte über das Verbrenner-Aus zu massiver Unsicherheit führe. "Es braucht eine klare Wirtschafts- und Industriepolitik, an der sich die Unternehmen auch ausrichten können", sagte Reichinnek am Dienstag bei einem Pressestatement im Bundestag auf Nachfrage von t-online. "Nein, zu der Debatte zum Verbrenner-Aus." Ihr Parteikollege Jorrit Bosch warf Bundeskanzler Merz vor, Chaos zu stiften und die Unsicherheit für die gesamte Branche zu verschärfen. "Was es stattdessen braucht, ist ein klarer Transformationspfad, mehr Mitbestimmung der Beschäftigten, Investitionen in zukunftsfähige Technologien und eine Verkehrswende, die sichere Jobs garantiert und Mobilität für alle bezahlbar macht", teilte der Sprecher für Straßenverkehr und Infrastruktur der Linksfraktion im Bundestag, mit. Teilen Sie Ihre Meinung mit Beibehalten oder abschaffen: Wie stehen Sie zum Verbrenner-Aus? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de . 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