Ukraine-Krieg: Polens Luftwaffe schießt Drohnen ab – Krisensitzung
Drohnen am Himmel, Warnungen an die Bürger: Polens Luftwaffe greift durch. Wie ernst ist die Lage in Deutschlands Nachbarland? Während russischer Angriffe auf die Ukraine sind in der Nacht zu Mittwoch mehr als ein Dutzend Drohnen in Polens Luftraum eingedrungen. Einen Teil der Drohnen konnte die polnische Luftwaffe abschießen, teilte das Oberkommando der Streitkräfte auf X mit. "Dies ist ein Akt der Aggression, der eine reale Bedrohung für die Sicherheit der Bevölkerung dargestellt hat", hieß es in der Mitteilung weiter. Die Luftoperation der Armee sei inzwischen beendet. Die Suche nach Trümmerteilen hält an. Drohne explodiert bei Warschau : Polens Verteidigungsminister spricht von Provokation Mit kyrillischer Aufschrift: Drohne stürzt auf Nato-Gebiet Zudem berichtet der polnische Nachrichtensender Polsatnews, dass ein Wohngebäude in Wyryki in der Region Lublin getroffen wurde. Das Dach des Hauses sowie ein auf dem Grundstück geparktes Auto seien beschädigt worden, verletzt wurde niemand. Der Bürgermeister des Kreises Włodawa, sagte im Gespräch mit Polstatnews: "Wir kennen die genauen Einzelheiten noch nicht. Wir wissen nicht, ob es die Drohne selbst war, die auf das Gebäude fiel (...) oder ob es Trümmer der Drohne waren." Krisensitzung läuft Polens Ministerpräsident Donald Tusk hat indes eine Sondersitzung der Regierung einberufen. Tusk werde sich mit den für die Staatssicherheit zuständigen Ministern treffen, sagt ein Regierungssprecher. Eine außerordentliche Sitzung des Ministerrats finde seit 8 Uhr statt. Die örtliche Polizei hat außerdem im ostpolnischen Dorf Czosnówka eine beschädigte Drohne entdeckt. Der Fund sei um 5.40 Uhr bestätigt worden, schreibt die Polizei der Region Lublin auf der Plattform X. Der Fundort befindet sich in der Nähe der Grenze zu Belarus. Luftraum über Warschau wieder geöffnet Der Luftraum über dem polnischen Hauptstadtflughafen ist inzwischen wieder geöffnet. Das teilte der Chopin-Flughafen in Warschau mit. Flugausfälle und Verspätungen hielten vermutlich noch an. Auch die Flughäfen Modlin und Rzeszow haben den Betrieb nach Angaben der Luftsicherung wieder aufgenommen. Der Airport in Lublin bleibe aber zunächst geschlossen, sagt ein Sprecher der Behörde dem Fernsehsender TVN24. Zuvor hatten die polnischen Behörden die vier Flughäfen geschlossen. In einer Mitteilung für Piloten hieß es, der Flughafen Warschau-Chopin sei "aufgrund ungeplanter militärischer Aktivitäten im Zusammenhang mit der Gewährleistung der staatlichen Sicherheit" nicht verfügbar. Außenminister: Putin testet den Westen Am frühen Morgen schrieb Tusk auf X, es seien Waffen gegen die Flugobjekte eingesetzt worden. "Ich habe den NATO-Generalsekretär über die aktuelle Lage und die Maßnahmen informiert, die wir gegen die Objekte ergriffen haben, die unseren Luftraum verletzt haben. Wir stehen in ständigem Kontakt." Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha bezeichnet das Eindringen russischer Drohnen in den polnischen Luftraum als Beweis für die Eskalation des Krieges durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin . "Putin eskaliert, weitet seinen Krieg immer weiter aus und testet den Westen", schreibt Sybiha auf der Plattform X. Es müsse nun die Entscheidung getroffen werden, die Luftabwehr von Partnerländern zum Abfangen von Drohnen und Raketen über der Ukraine einzusetzen – einschließlich jener Geschosse, die sich den Nato-Grenzen näherten. Kiesewetter: "Gesülze von Friedensverhandlungen muss aufhören" CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte auf X, mit "Konsequenz und Härte" zu antworten: "Gesülze von Friedensverhandlungen muss aufhören", schrieb er weiter. Es müsse jetzt die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus sowie weitere militärische Unterstützung für die Ukraine erfolgen, "denn Russland nährt sich durch unsere Schwäche". Jarno Limnéll, Mitglied des finnischen Parlaments, deutet auf X auch einen potenziellen Bündnisfall der Nato an: "Wird der Luftraum eines Nato-Landes verletzt, ist das gesamte Bündnis betroffen. Es handelt sich nicht um einen Einzelfall, sondern um eine Aktion, die die Reaktionsschwelle der Nato auf die Probe stellt." Dass die Drohnen unabsichtlich in den polnischen Luftraum eingedrungen sind, hält er für unwahrscheinlich. Die sogenannte Beistandsklausel ist in Artikel 5 des Nato-Vertrags festgehalten. Sie besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Mitgliedsstaaten als Angriff gegen alle angesehen wird. Härteres Vorgehen gegen Luftraumverletzungen angekündigt Das Nato-Mitglied Polen ist ein wichtiger Unterstützer der Ukraine und ein zentraler Transitpunkt für westliche humanitäre und militärische Hilfe für die Ukraine. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 haben Polen und die baltischen Staaten wiederholt Verletzungen ihres Luftraums durch russische Drohnen gemeldet. Auch in den vergangenen Wochen waren mehrfach Drohnen in den Luftraum über Polen eingedrungen und abgestürzt. Verletzt wurde dabei niemand. Verteidigungsminister Kosiniak-Kamysz hatte bereits am Dienstag gesagt, die Drohnen könnten zukünftig abgeschossen werden, wenn dies vertretbar sei. Polen fühlt sich auch selbst von Russland bedroht und rüstet massiv auf.