Mercedes mit Feststoffbatterie: Mehr als 1.200 km pro Akkuladung möglich
Mercedes hat ein E-Auto mit neuer Batterietechnik über 1.200 Kilometer ohne Nachladen fahren lassen. Auch andere Hersteller arbeiten an dem Konzept. Erfolgsmeldung aus der Batterieforschung: Ein Mercedes EQS hat eine Strecke von über 1.200 Kilometern von Stuttgart über Dänemark bis nach Malmö in Schweden ohne einen Ladestopp zurückgelegt. Am Ziel stand eine Restreichweite von 137 Kilometern. Es handelt sich allerdings um ein Forschungsprojekt: An Bord war eine Feststoffbatterie, entwickelt in Zusammenarbeit mit dem US-Unternehmen Factorial Energy sowie dem Formel-1-Technikzentrum Mercedes-AMG High Performance Powertrains. Die Langstreckenfahrt unter Alltagsbedingungen ist Teil eines umfassenden Testprogramms. Sollte sich die Feststoffbatterie tatsächlich in der Praxis bewähren, könnte sie zentrale Schwächen bisheriger E-Autos ausgleichen und höhere Reichweite, kürzere Ladezeiten und mehr Sicherheit gewährleisten. Mehrere große Hersteller verfolgen derzeit das Ziel, diese Technik noch vor Ende des Jahrzehnts serienreif zu machen. Von Audi bis XPeng: Das sind die Auto-Neuheiten der IAA Was eine Feststoffbatterie auszeichnet Eine Batterie funktioniert, indem winzige Teilchen – sogenannte Ionen – zwischen zwei Polen hin- und herwandern. Damit das möglich ist, braucht es ein Material, das diesen Transport erlaubt. In den meisten Akkus ist das eine Flüssigkeit. Die Feststoffbatterie setzt dagegen auf ein festes Material, den sogenannten Festelektrolyten. Das verändert zwar nicht die grundsätzliche Funktionsweise, bringt aber einige Vorteile mit sich. Der feste Elektrolyt ist weniger leicht entflammbar, was die Sicherheit erhöht. Außerdem lassen sich damit neue Materialien im Inneren der Batterie nutzen, zum Beispiel reines Lithium. Die Energiedichte ließe sich um bis zu 30 Prozent steigern bei gleichem Gewicht. Damit würden auch kleinere Akkupakete ausreichen, um größere Strecken zu fahren. Besonders relevant ist das für lange Fahrten oder schwere Fahrzeuge wie E-SUVs und Elektro-Lkw. Die Technik hat aber auch ihre Tücken: Beim Laden und Entladen dehnt sich das Material im Inneren der Batterie leicht aus und zieht sich wieder zusammen. Die Batterie muss daher so gebaut sein, dass sie diese Bewegungen aushält. Das macht die Herstellung aufwendiger – und bislang noch teuer. Wann die Technik serienreif ist, hängt vor allem davon ab, wie gut sich diese Herausforderungen lösen lassen. Zwischen Hoffnung und Herausforderung Viele Hersteller experimentieren noch mit verschiedenen Materialien und Zellformaten. Ein Durchbruch in der Massenproduktion steht noch aus – genau hier liegt die größte Hürde. Zwar sprechen einige Anbieter von möglichen Serienstarts in den kommenden Jahren, Experten rechnen dennoch mit einem fließenden Übergang und damit, dass klassische Lithium-Ionen-Akkus noch über Jahre hinweg eine große Rolle spielen werden. Volkswagen entwickelt die Technologie gemeinsam mit dem US-Partner QuantumScape. Dessen erste kommerzielle Zellen – mit Lithium-Metall-Anode und keramischem Separator – wurden im Jahr 2024 an erste Kunden ausgeliefert. Eine besonders kompakte Variante wurde zuletzt sogar in ein elektrisches Prototypen-Motorrad von Ducati eingebaut. Volkswagen plant den Bau einer Pilotanlage und strebt eine spätere Serienfertigung im Gigawattstundenmaßstab an. Angestrebt ist das zum Ende des Jahrzehnts. Toyota arbeitet an Feststoffakkus mit Sulfid-Elektrolyten. In Zusammenarbeit mit dem Energiekonzern Idemitsu Kosan soll die Technik bis 2027 für den Einsatz in Lexus-Modellen bereit sein. BMW verfolgt einen eigenen Entwicklungsansatz und arbeitet mit dem US-Spezialisten Solid Power zusammen. Das Unternehmen liefert Batteriezellen mit Feststofftechnologie für Testreihen in Serienfahrzeugen. Ford ist ebenfalls Teil der Kooperation mit Solid Power. Beide Hersteller erwarten erste belastbare Ergebnisse in den kommenden Jahren – bislang bleibt es bei Versuchsreihen und Laborerfahrungen. Nissan hat in Japan eine Pilotanlage für laminierte Feststoffzellen in Betrieb genommen. Die Serienreife wird hier frühestens für das Jahr 2028 erwartet. Mercedes-Benz arbeitet neben Factorial auch mit dem taiwanesischen Batterieentwickler ProLogium zusammen. Erste Serienmodelle könnten 2027 kommen, heißt es. Auch in China laufen entsprechende Programme. Hersteller wie Nio oder Zellfirmen wie CATL entwickeln eigene Lösungen mit hoher Energiedichte – teils mit flüssigem, teils mit festem Elektrolyt. Alternativen zur Feststofftechnik Feststoffbatterien gelten als langfristige Lösung – doch in der Zwischenzeit entstehen auch andere Technologien, die je nach Einsatzzweck Vorteile bieten könnten. Natrium-Ionen-Akkus verzichten auf das knappe und teure Lithium. Stattdessen wird Natrium verwendet, das weltweit in großen Mengen verfügbar ist. Die Technik ist vor allem kostengünstig, hat aber eine geringere Energiedichte. Erste Serienfahrzeuge mit Natrium-Akkus sind in China bereits auf dem Markt, zum Beispiel von Yiwei – einer Marke, an der Volkswagen beteiligt ist. Experten sehen darin eine mögliche Lösung für günstige Kleinfahrzeuge im Kurzstreckenbereich. Auch Eisenphosphat-Akkus (LFP) spielen weiterhin eine wichtige Rolle. Sie gelten als robust, vergleichsweise günstig und langlebig. Nachteile sind das höhere Gewicht und eine etwas geringere Reichweite – doch insbesondere im Einstiegssegment (zum Beispiel der Opel Frontera) oder bei städtisch genutzten Fahrzeugen bieten sie sich an. Der chinesische Hersteller Geely hat die Energiedichte seiner LFP-Zellen zuletzt weiter erhöht – auf bis zu 192 Wattstunden pro Kilogramm. Tesla verfolgt weiterhin einen anderen Weg: Das Unternehmen setzt auf leistungsstarke Rundzellen im 4680er-Format – mit flüssigem Elektrolyt, aber hoher Energiedichte. Diese Technik gilt als bewährt, skalierbar und serienreif. Kurzfristig dürften also verschiedene Zellchemien nebeneinander bestehen – je nach Fahrzeugtyp, Preissegment und Verfügbarkeit von Rohstoffen. Die Feststoffbatterie wird – falls sie sich durchsetzt – voraussichtlich zuerst in Oberklassemodellen oder leichten Nutzfahrzeugen zu finden sein.