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Energiewende-Bericht: Warum er vor allem Katherina Reiche nutzt

Der Bericht zum Stand der Energiewende liegt vor – ohne neue Erkenntnisse. Wirtschaftsministerin Reiche nutzt ihn für ihre persönliche Agenda. Als Katherina Reiche am Montag vor die Presse trat, um ihre politischen Schlüsse aus dem Bericht zum Stand der Energiewende zu erläutern, ließ sie es sich nicht nehmen, zunächst gegen die Medien zu keilen: "Sie waren über den Sommer alle relativ beschäftigt damit, zu vermuten, was denn im Gutachten stehen könnte." Es sei ihr deshalb wichtig gewesen, dass die Presse die Erkenntnisse nun "aus dem Mund der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen" höre. Die Journalisten sollten alle schön "mitmeißeln". Energiewende-Monitoring liefert keine neuen Erkenntnisse Dumm nur, wenn man dann vor aller Augen Ableitungen trifft, die die Wissenschaftler so gar nicht gesagt haben. Denn in dem Bericht steht nichts, was Interessierte und Fachkundige nicht schon vorher gewusst hätten, nämlich: Die Energiewende läuft auf Hochtouren; an einigen Stellen muss jedoch dringend nachgebessert werden: Alle Haushalte müssen mit Smart Metern ausgestattet werden, damit sich private Solaranlagen auch ohne Förderung weiterhin lohnen. Es braucht mehr E-Autos, mehr Wärmepumpen und ganz wesentlich: mehr Netz. Gebraucht werden auch Gaskraftwerke, die als Reserve dienen können. Und das wird alles viel Geld kosten – je nachdem, wie clever man es macht, mal mehr, mal weniger. Auf all das ging die Ministerin auch ausführlich ein – das ist gut und richtig so. Und wenn es ihr gelingen sollte, all diese Dinge in ihrer Amtszeit anzupacken und zu verändern, dann wird sie einen wesentlichen Beitrag dafür geleistet haben, dass diese Energiewende gelingt. Trotzdem entlarvt Frau Reiche sich selbst – weil sie dieses Gutachten nebenbei als Vorwand nutzt, um Dinge zu sagen, die nicht in dem Bericht stehen, aber ihre persönliche Meinung offenbaren. Die hat hier aber nichts zu suchen. Glaubt Frau Reiche an die Klimaziele? Zum Beispiel sagt die Ministerin: Der Bedarf an Strom - vor allem aus erneuerbaren Energien - werde bis 2030 auf zwischen 600 und 700 Terrawattstunden (TWh) anwachsen, dabei sei "davon auszugehen, dass der Strombedarf eher am unteren Ende liegt". Im Gutachten steht dieser letzte Satz aber nicht – es wird nur darauf hingewiesen, dass der höhere Stromverbrauch und der Ausbau erneuerbarer Energien notwendig dafür sind, um die Klimaziele zu erreichen. Mehr Stromverbrauch aus Erneuerbaren bedeutet schließlich, dass weniger fossile Energien genutzt werden (zum Beispiel in Verbrennern oder für den Öl-Kessel). Allerdings stockt es gerade in diesen Bereichen, sodass der prognostizierte Verbrauch nach unten korrigiert wird. Frau Reiche geht dabei weiter als die Wissenschaftler und verrät auch nicht, wie sie den Umstieg auf Wärmepumpen und E-Autos ankurbeln will. Stattdessen setzt Reiche voll auf Gaskraftwerke – die in ihrer Vorstellung rein fossil betrieben werden sollen. Die dabei entstehenden Emissionen sollen mithilfe der CSS-Technologie, also die unterirdische Speicherung von Kohlenstoff , vermieden werden. Die Verwendung von Wasserstoff als Alternative erwähnt die Ministerin nur noch am Rande. Im Bericht tauchen Gaskraftwerke mit CCS aber gar nicht auf – kein seriöser Energieexperte würde dies empfehlen. Beim CCS wird CO2 eingefangen und via Pipelines oder in Containern als Flüssigkeit unter die Erde verfrachtet. Dieser Prozess ist kompliziert und teuer und dürfte deshalb nur in sehr wenigen, sehr speziellen Fällen (für Zement, Müllverbrennung, Kalk) zum Einsatz kommen. Für Gaskraftwerke kommt CCS ziemlich sicher nicht infrage. Das weiß auch die Ministerin. Warum behauptet sie dann etwas anderes? Böse Zungen sagen: weil sie ohnehin nicht an die Klimaziele glaubt und eigentlich einfach neue fossile Gaskraftwerke bauen lassen will. Sie weiß, dass kein Unternehmer daneben eine CCS-Anlage errichten wird – viel zu teuer, viel zu kompliziert. Man wird sie an ihren Taten messen Öffentlich sagen darf sie das natürlich nicht, aber das muss sie auch gar nicht. Stattdessen sagt sie, dass die Klimaziele "sehr ambitioniert" seien. Oder dass die Energiewende zum "sozialen Sprengstoff" werden könne. Dass man "technologieoffen" an das Thema herangehen müsse. Dabei könnte sie auch sagen: Ja, die Ziele sind ambitioniert – aber wir müssen alles tun, um diese Energiewende zu schaffen, damit wir nicht abgehängt werden: wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich. Sie könnte sagen: Die Energiewende wird zum sozialen Sprengstoff, wenn Teile der Bevölkerung nicht an ihr teilhaben können. Sie könnte sagen: Wir müssen offen für alle Technologien sein, aber wir sollten nicht auf eine Erlösung durch neue Technologien warten, die jetzt noch nicht marktreif sind und es vielleicht auch nie werden. Trotz aller Zweifel besteht noch Hoffnung, dass Reiche das Gutachten doch ernst nimmt und das anpackt, was wirklich drinsteht. Man wird sie an ihren Taten und weniger an ihren Worten messen. Und die Presse wird das alles dokumentieren oder wie sie sagt: "mitmeißeln".