Autolobby und EU: Treffen in München setzt Verbrenner-Aus unter Druck
Das von der EU geplante Aus für Verbrennungsmotoren steht unter Druck – kurz vor der Ankündigung einer Überprüfung traf sich die EU-Kommission in München mit Auto-Lobbyisten. Protokolle werfen Fragen auf. Die EU-Kommission stellt das ursprünglich für 2035 geplante Aus für neue Verbrennungsmotoren früher als gedacht auf den Prüfstand. Besonders für München ist das Thema hochrelevant: Mit BMW sitzt einer der größten Autohersteller Europas in der Stadt. Auch CSU-Chef Markus Söder positioniert sich inzwischen gegen ein pauschales Verbot. Erst kürzlich forderte er, anlässlich der IAA Mobility in München, auf der Plattform Instagram erneut mehr "Technologieoffenheit". Protokolle zeigen jetzt, wie intensiv die Autoindustrie Kontakte zur Politik pflegt. EU-Ankündigung kurz nach BMW-Treffen in München Der Zeitpunkt von Manfred Webers Ankündigung lässt aufhorchen. Nur wenige Tage zuvor, am 10. September 2025, fanden im Rahmen der IAA Mobility in München mehrere Gespräche zwischen Vertretern der Europäischen Kommission und der deutschen Autoindustrie statt. Beteiligt waren die BMW Group, Volkswagen sowie der Verband der Automobilindustrie (VDA). Geführt wurden die Treffen jeweils von Mark Nicklas, einem hochrangigen Beamten der Generaldirektion für Industriepolitik (DG GROW) in der Europäischen Kommission. Anpassung der CO2-Grenzen war Thema Laut den öffentlich einsehbaren Protokollen ging es bei den Gesprächen unter anderem um die Rolle von Plug-in-Hybriden und den Einsatz synthetischer Kraftstoffe. Auch der Zeitplan für die Euro-7-Norm sowie mögliche Anpassungen der CO2-Flottengrenzwerte waren Thema – allesamt zentrale Punkte in der Debatte um das Verbrennerverbot ab 2035. Zudem wurde über Förderprogramme für Batterien, die Zukunft kleiner, bezahlbarer Fahrzeuge und die Anforderungen an den europäischen Produktionsanteil gesprochen. Nur wenige Tage nach dem Treffen der EU-Kommission mit BMW in München versprach EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU), das Verbrennerverbot kippen zu wollen. Offenheit für neue Technologien: EVP-Chef Weber verspricht Rücknahme von Verbrenner-Aus – das steckt dahinter Besonders präsent in dieser Debatte ist auch BMW-Chef Oliver Zipse. Er setzt sich seit Langem für synthetische Kraftstoffe ein und wirbt für "Technologieoffenheit" als Alternative zur reinen Elektromobilität. Seit 2024 traf Zipse mehrfach hochrangige EU-Vertreter, darunter auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Auf der IAA Mobility suchte er das Gespräch mit CDU-Chef Friedrich Merz. BMW bestätigt Treffen auf der IAA BMW teilte t-online in einer Stellungnahme mit, man habe sich frühzeitig auf die bekannten CO2-Flottenziele vorbereitet und sei zuversichtlich, auch die Vorgaben für 2025 einzuhalten. Gleichzeitig plädiert der Konzern für eine Überprüfung der langfristigen Ziele: "Wir halten den umfassenden und kritischen Review der CO2-Flottengesetzgebung in der EU für essenziell", so ein Unternehmenssprecher. In Zusammenhang mit der CO2-Flottengesetzgebung müsse vor allem das geplante Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 "kritisch hinterfragt und angepasst werden". BMW bekenne sich zur Technologieoffenheit – jede Antriebsform könne auch künftig zur CO2-Reduktion beitragen. Zu möglichen internen Auswirkungen einer Regulierungsänderung wolle man sich nicht äußern. BMW bestätigt, sich während der IAA Mobility in München mit Mark Nicklas von der EU-Kommission getroffen zu haben. Dabei habe der Konzern nach eigenen Angaben seinen Messeauftritt vorgestellt und seine Position zur CO2-Regulierung erläutert. Lobbypräsenz in Brüssel Die BMW Group etwa hat zwar ihren Hauptsitz in München, ist aber auch in Brüssel präsent: mit einem eigenen Lobbybüro in direkter Nähe zum EU-Parlament. Im Transparenzregister wird das Unternehmen mit einem Lobbybudget von über zwei Millionen Euro geführt. 19 Mitarbeiter arbeiten dort an europapolitischen Strategien, sechs davon haben Zugang zum Parlament. Überdies ist BMW Mitglied im Verband der Automobilindustrie (VDA), welcher laut Transparenzregister etwa 800.000 Euro jährlich für Lobbyarbeit in Brüssel bereitstellt. Auch der europäische Branchenverband ACEA, in dem BMW präsent ist, positioniert sich klar gegen ein pauschales Verbrenner-Aus. Politische Nähe über Parteispenden Neben inhaltlicher Einflussnahme spielt auch Geld eine Rolle. BMW-Großaktionär Stefan Quandt überwies im Februar 2025 insgesamt 275.000 Euro an Parteien – 200.000 Euro an die CDU, 75.000 Euro an die FDP. Die Familie Quandt zählt seit Jahrzehnten zu den größten privaten Parteispendern in Deutschland. Seit dem Jahr 2000 flossen über elf Millionen Euro an CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne. Kritik an E-Fuels und Lobbyeinfluss Gegner des Verbrennerverbots, wie Weber und Söder, verweisen auf den Erhalt von Arbeitsplätzen, die Stärkung der europäischen Industrie und die Förderung neuer Technologien wie E-Fuels. Umweltverbände und Fachleute kritisieren den Einsatz synthetischer Kraftstoffe als ineffizient und teuer. Der Audi-Chef Gernot Döllner nannte die Debatte zur Aufhebung des Verbrennerverbots sogar "kontraproduktiv". Auch Organisationen wie Lobbycontrol kritisieren seit Jahren die enge Verflechtung von Politik und Industrie.