Neue EU-Pläne für Kleinwagen: Kommen bald wirklich bezahlbare E-Autos?
Autos werden teurer, und vor allem E-Autos werden immer noch als zu teuer angesehen. Eine neue Fahrzeugkategorie könnte das ändern. Nicht nur in Europa prägen SUVs und Crossover das Straßenbild. Doch der automobile Größenwahn könnte seinen Kipppunkt erreicht haben: In Brüssel wird derzeit an einer neuen Klasse besonders kleiner, günstiger Elektroautos gearbeitet. Gleichzeitig entdecken die USA japanische Kei-Cars als "süße" Antwort auf hohe Autopreise. Ist die Rückkehr zu kleineren Autos tatsächlich denkbar? Neue Unterkategorie möglich Der Anstoß für die Überlegungen der EU ist der wachsende Druck durch billige Stadtstromer aus China , denen die heimischen Hersteller bislang wenig entgegenzusetzen haben. Die Kommission will noch im laufenden Jahr einen Vorschlag für eine neue Kategorie "kleiner, erschwinglicher E-Autos" vorlegen, die zwischen den heutigen Leichtfahrzeugen und regulären Pkw angesiedelt ist. Geplant sind unter anderem gelockerte Pflichten bei der Ausstattung mit Assistenzsystemen, um europäische Stadt-EVs in einen Preisbereich von etwa 15.000 bis 20.000 Euro zu bringen – und damit konkurrenzfähig zu den günstigsten Verbrennern und chinesischen Importen zu machen. Diskutiert werden in diesem Zusammenhang Unterklassen wie "M1e" oder sogar eine neue "M0"-Kategorie. Unter anderem vom Stellantis-Konzern kamen entsprechende Forderungen . In Deutschland bisher kaum zu sehen Ganz leer ist diese Nische allerdings auch heute schon nicht. In der EU gibt es mit L6e und L7e bereits zwei Klassen für vierrädrige Leichtfahrzeuge mit deutlich abgespeckten technischen Anforderungen im Vergleich zu normalen Pkw. Vor allem in Metropolen wie Rom oder Paris sind die Kabinen-Quads häufig zu sehen. Das Angebot ist groß, selbst etablierte Autohersteller wie Citroën (Ami), Opel (Rocks) und Fiat (Topolino) haben entsprechende Modelle im Programm. In Deutschland spielen die Micromobile bislang jedoch kaum eine Rolle. Vor allem die kleineren L6e-Fahrzeuge mit ihren maximal 45 km/h sind schon für den Stadtverkehr eine Spur zu langsam. Auf der Landstraße ist die Differenz zwischen der eigenen Geschwindigkeit und der "richtiger" Autos noch höher – was schnell zu gefährlichen Situationen führen kann. Eine Frage der Sicherheit Ein etwas besseres Gefühl kann man in Modellen der L7e-Klasse haben; diese eher "erwachsenen" Mikroautos wie Renault Twizy, der neue Mobilize Duo oder der Schweizer Microlino erreichen bis zu 90 km/h, sind somit zumindest in der Stadt keine Verkehrshindernisse und wirken im Alltag deutlich Pkw-ähnlicher. Doch sie gelten in vielen Statistiken als Motorräder und profitieren deshalb kaum von Förderprogrammen oder CO2-Flottenregeln für Elektroautos. Zudem gibt es auch bei ihnen immer wieder Diskussionen über die Sicherheit. Crashtests zeigen regelmäßig ein deutlich höheres Verletzungsrisiko als bei regulären Pkw. Das liegt naturgemäß am geringen Gewicht, aber eben auch daran, dass die gesetzlichen Anforderungen an Strukturfestigkeit, Airbags und Assistenzsysteme niedriger sind. Vor diesem Hintergrund warnen Verbände wie der Europäische Verkehrssicherheitsrat ETSC die EU-Kommission ausdrücklich davor, eine gänzlich neue "M0"-Klasse mit nochmals schwächeren Vorgaben einzuführen. Unterstützung findet eher die Idee eines M1e-Subsegments, das zwar auf Leichtbau und Kostensenkung setzt, dabei aber die bestehenden Pkw-Sicherheitsregeln respektiert. Japan als Vorbild? Ein Vorbild könnte dabei Japan sein. Die dort seit Jahrzehnten sehr populären Kei-Cars gelten vielen in Brüssel und Washington als Blaupause für eine Neuordnung der Auto-Segmente. Die spezielle Fahrzeugklasse hat klar definierte Grenzen für Länge, Breite und Motorgröße; aktuelle Kei-Pkw sind meist bis zu 3,40 Meter lang, knapp 1,48 Meter breit und mit maximal 660 Kubikzentimeter großen Benzinern oder E-Antrieben ausgerüstet. Im Gegenzug genießen sie deutliche Vorteile bei Kfz-Steuer, Versicherung und – im ländlichen Raum – bei der Parknachweispflicht. Kei-Cars erreichen in Japan stabile Marktanteile von rund einem Drittel der Neuzulassungen, decken eine enorme Bandbreite vom Kastenlieferwagen über den Hochdach-Van bis zum Mini-Sportwagen ab und sind als vollwertiger Teil des Verkehrs akzeptiert. Interessant ist dabei vor allem die Parallele zur europäischen L7e-Klasse. Fachgremien verweisen seit Jahren darauf, dass japanische Kei-Cars in Abmessungen und Leistung grob dem entsprechen, was in Europa als schwere Quadricycles (Quads) definiert ist, jedoch mit strengeren nationalen Regeln zu Crashsicherheit und Emissionen kombiniert werden. Japan hat um ein ähnliches Format herum ein stimmiges Gesamtpaket aus Technik, Steuerpolitik und Infrastruktur entwickelt, Europa dagegen bislang nur ein technisches Nischen-Phänomen ohne funktionierende Marktanreize. Trump mag Mini-Autos Aber auch außerhalb der EU und Japans nimmt das Thema "Micro-Car" Fahrt auf. US-Präsident Donald Trump hat bei einem Auftritt jüngst seine Begeisterung für japanische Minimobile kundgetan, sie als "sehr klein" und "wirklich süß" gepriesen und angekündigt, das Verkehrsministerium solle regulatorische Hürden für Produktion und Verkauf solcher "Tiny Cars" in den USA abbauen. Tatsächlich haben Kei-Trucks in den vergangenen Jahren auch ohne politische Hilfe ein Nischendasein in den USA aufgebaut: Tausende gebrauchte Fahrzeuge werden importiert und vor allem auf Farmen, in Kommunen oder als Freizeitfahrzeuge genutzt. Bundeseinheitliche Regeln fehlen jedoch, viele Staaten erlauben die Winzlinge nur abseits von Highways oder gar ausschließlich auf Privatgelände. Trumps Charmeoffensive gegenüber den Tiny Cars dürfte allerdings kaum über Nacht eine neue Fahrzeugklasse schaffen. Um Kei-Autos oder ähnliche Microcars massenhaft zuzulassen, müssten die USA entweder zentrale Sicherheitsnormen lockern oder den Fahrzeugen einen Sonderstatus mit klaren Nutzungseinschränkungen geben. Beides würde langwierige Gesetzgebungsprozesse auslösen. Hinzu kommt die kulturelle Dimension: Auf Highways voller Full-Size-Pick-ups und Riesen-SUVs dürfte es vielen Amerikanern schwerfallen, sich in einem Fahrzeug mit der Grundfläche eines Kei vorzustellen – ganz abgesehen von Akzeptanzproblemen beim Crashtest-Vergleich. Europäische Produzenten stellen Forderungen In Europa wirken die Chancen für eine neue Klasse kleiner Autos im Vergleich realistischer. Ob sie wirklich kommt und funktioniert, hängt von den Details der geplanten Vorgaben ab. Dabei sind auch kreative Lösungen denkbar. Hersteller wie Renault etwa fordern explizit einen zehn- bis fünfzehnjährigen "Regulierungsstopp" für kleine E-Autos, um Plattformen konsequent auf Kosten und Effizienz optimieren zu können, ohne ständig neue Vorgaben zu fürchten. Ebenso wichtig ist die Frage, ob künftige kleine E-Autos finanziell bevorzugt werden – etwa durch niedrigere Fahrzeugsteuern oder spezifische Förderungen.
