Auto-Industrie: Das bedeutet Manfred Webers Vorstoß zum Verbrenner-Aus
Manfred Weber erklärt das Aus vom Verbrenner-Aus. Offen bleibt, was das bedeutet. Dafür hagelt es Kritik. Lob für Webers Plan kommt ausgerechnet von einem Grünen. Eigentlich läuft das politische Spiel in Brüssel so: Gesetzesinitiativen werden von Ursula von der Leyens EU-Kommission verkündet. Dieses Mal aber ist es anders. Manfred Weber, CSU-Politiker aus Niederbayern und mächtiger Fraktionschef der Christdemokraten im Europäischen Parlament, sagte der "Bild"-Zeitung im Interview: "Das Technologieverbot für den Verbrenner ist vom Tisch". Und weiter: "Bei Pkw-Neuzulassungen ab 2035 soll nun statt 100 Prozent eine 90-prozentige Reduktion des CO2-Ausstoßes für die Flottenziele der Automobilhersteller verpflichtend werden." Seit Monaten treibt Weber die EU-Kommission in dieser Frage vor sich her. Die Kommission will ihren Vorschlag in der kommenden Woche präsentieren. Doch schon im Vorfeld wird Kritik geäußert. "Eine Aufweichung der Ziele ist schlecht für den Wirtschaftsstandort Europa", rügte Terry Reintke, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament. Ankündigung: Weber – EU nimmt Verbrenner-Aus zurück "Jede vierte Stelle" : Porsche-Betriebsrat warnt vor Stellenabbau Das war erwartbar. Aber auch Webers eigener Parteichef Markus Söder zeigte sich kritisch: "Nur zehn Prozent reichen nicht", sagte Söder vor dem am Freitag beginnenden CSU-Parteitag. t-online sortiert die wichtigsten Fragen rund um das Aus für das Verbrenner-Aus. Was war bisher vereinbart? Im Zuge des Europäischen Grünen Deal (EGD), der Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen soll, legte die EU 2023 fest, dass ab 2035 neu zugelassene Pkw und Kleintransporter keine CO2-Emissionen mehr ausstoßen dürfen. Auf Drängen, unter anderem von Verkehrsminister Volker Wissing (ehemals FDP , nun parteilos), wurde die Regelung später unter dem Stichwort "Technologieoffenheit" präzisiert. Erlaubt sein sollten auch klimaneutrale Kraftstoffe, wie E-Fuels, synthetische Kraftstoffe, die mit grünem Strom hergestellt werden können. Was hat Weber eigentlich angekündigt? Die Details der neuen Regelung sind noch unklar. Weber sprach allgemein von einem "90-Prozent-Ziel". Das bezieht sich auf den sogenannten Flottengrenzwert. Dabei werden alle neuen Pkw-Modelle eines Autobauers zusammengefasst. Bislang sollten alle Modelle eines Herstellers – sprich 100 Prozent – das Ziel der Klimaneutralität erfüllen. Künftig könnte dies nur auf 90 Prozent der Fahrzeugflotte zutreffen. So könnten einzelne Modelle eines Herstellers etwa mit sogenannten Range-Extendern ausgestattet werden. Das sind kleine Verbrennungsmotoren, die die Reichweite von E-Fahrzeugen erhöhen. Möglich wären auch neue Pkw mit Hybridmotoren , die sowohl mit E-Batterien als auch Verbrennern laufen können. Vom altgedienten Otto- oder Diesel-Motor ist bislang nicht die Rede. Wer unterstützt den Vorstoß? Auf EU-Ebene machen sich neben Kanzler Friedrich Merz auch Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk für ein Ende des Verbrennerverbots stark. Auch innerhalb der Bundesregierung deutet die SPD Zustimmung an. Die Sozialdemokraten fürchten vor den wichtigen Landtagswahlen in fünf Bundesländern im kommenden Jahr in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern um ihre traditionelle Anhängerschaft unter den Industriearbeitern. Auch Weber legte sein Motiv offen. Er will der AfD ein wichtiges Wahlkampfthema nehmen. "Für uns ist und bleibt das Auto ein Kultobjekt, kein ideologisches Kampfobjekt, das am Ende Rechtsaußenparteien nutzt", sagte er der "Bild"-Zeitung. Wie fallen die Reaktionen auf den Weber-Plan aus? Der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) gab sich zurückhaltend. Die EU-Kommission werde ihre Vorschläge in der nächsten Woche offiziell vorstellen, "dies gilt es jetzt erst einmal abzuwarten", hieß es. Man plädiere weiter für "einen technologieoffenen und pragmatischen Lösungsansatz". Andere urteilten kritischer. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sagte: "Wenn man wirklich mit dem "hocheffizienten" Verbrenner in die Zukunft geht, sind 10 Prozent für Verbrenner nichts. Dafür lohnt es sich nicht, neue Motoren zu entwickeln. Also könnte es eher der Einstieg in den Ausstieg sein." Im Klartext: Die hohen Kosten für die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors lohnen sich nicht bei dieser geringen Menge. Dudenhöffer fürchtet langfristig negative Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. "Was passiert in der Zwischenzeit?", fragt der Experte. Seine Prognose: "China baut seine führende Technologierolle aus. Brüssel und die Autobauer glauben, Zeit gewonnen zu haben. In Wirklichkeit wird den Chinesen Zeit geschenkt, um ihre Wettbewerbsstärke weiter auszubauen. Ein Pyrrhussieg! Und so richtig an die Zukunft – entweder mit dem hocheffizienten Verbrenner oder dem Batterie-elektrischen Auto – glaubt wohl niemand." Dudenhöffers Bilanz: "Wir verlieren Zeit beim Kampf gegen den Klimawandel und natürlich in unserer bedeutsamen Wettbewerbsposition in der Autoindustrie. Es scheint also eher ein 'fauler Kompromiss' zu sein". Unterstützung kommt dafür von einer ungewohnten Seite. Der Grüne Cem Özdemir sagte in der ARD-Sendung "Maischberger": Man sehe, dass der Hochlauf leider nicht so funktioniert wie gewünscht. "Ich kann ja die Realität nicht ausblenden", argumentierte er. Auf Maischbergers Nachfrage, ob am Verbrenner-Aus 2035 festgehalten werden sollte, antwortete Özdemir: "Es ist nicht erreichbar, weil der Hochlauf gar nicht da ist."
